Zenit Nr. 3, September 2021

UNABHÄNGIGE BESCHWERDESTELLE Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 21 23 Jeder fünfte Mensch im Alter ist von physischer oder psychischer Gewalt betroffen. Dies geschieht oft dort, wo Angehörige und Pflegende überfordert sind. Die Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter (UBA) springt ein, wo Menschen an Grenzen kommen. Rechtzeitig Hilfe holen statt wegschauen VON MONIKA FISCHER Gewalt gegen alte Menschen äussert sich in Einschüchte- rung, Drohungen, Bevormundung, Freiheitsentzug und reicht bis hin zu Vernachlässigung und finanzieller Ausbeu- tung. Da die Mit- und Umwelt der alten Menschen kleiner wird und ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, können sie sich meistens nicht selber wehren. Oft haben sie auch Angst vor Sanktionen. Andererseits erfordert es Mut, um sich eine Überforderung, schlechte Gefühle und Gedanken oder gar Taten einzugestehen. Gespräche bringen Entlastung «Häufig braucht es wenig, um eine Situation zu ent- schärfen», weiss Rita Estermann Abt. Sie ist eine der 13 freiwilligen Fachpersonen der Fachkommission Zentral- schweiz, die bei der UBA eingegangene Beschwerden behandeln. «Für überforderte Angehörige und Pflegende ist es oft wichtig, wenn sie erzählen können, angehört und ernst genommen werden und ihre Gefühle deponieren können.» Foto: Peter Lauth Sie beschreibt dies am Beispiel einer Tochter, die sich als Delegierte von vier Kindern wegen der Sorgen um ihre Eltern bei der UBA gemeldet hatte. Die Mutter wurde immer vergesslicher, beschuldigte andere Leute und weigerte sich, für einen Demenztest zumArzt zu gehen. Der Vater kam an seine Grenzen und isolierte sich zunehmend. Die ehema- lige Pflegeexpertin und Supervisorin riet, ein Programm für Familie und Freunde zur Begleitung der Mutter auf- zustellen. Damit wurde der Vater entlastet, er konnte wie- der seinen Hobbys nachgehen und Freunde treffen. Die Situation wurde entschärft und merklich verbessert. Neben Angehörigen melden sich auch Fachpersonen bei der UBA. Ruth Aregger, die 30 Jahre bei der Stadt Luzern als Berufsbeiständin gearbeitet hatte, schildert dies am Bei- spiel einer Mitarbeiterin der Spitex. Sie sorgte sich um die Sicherheit einer Frau, die ganz von der Pflege und Betreu- ung ihres Mannes abhängig war. Dieser wurde aufbrau- send, hatte starke Stimmungsschwankungen und lehnte jede Einmischung und Hilfe ab. Wegen der schwierigen Situation hatten sich selbst die Kinder zurückgezogen. Im Gespräch mit der Spitex-Mitarbeiterin klärte die Fach- frau der UBA verschiedene Fakten ab und riet ihr, beim Engagieren sich als freiwillige Fachpersonen bei der UBA: Rita Estermann Abt (links) und Ruth Aregger. Die UBA ist ein politisch und konfessionell unabhängiger, gemeinnütziger Verein. Er setzt sich für ein selbstbestimmtes, würdiges Leben im Alter ein. Die meist pensionierten Fach- personen bieten kostenlose Beratung, Vermittlung und Unter- stützung im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe bei Konflikten in den verschiedensten Bereichen wie Betreuung, Pflege, Wohnen, Fi- nanzen, Krankenkasse, Familie. Die Fachkommission Zentral- schweiz besteht aus 13 Mitgliedern aus den Bereichen Medizin, Pflege, Sozialarbeit, Heimleitung, Management und Recht. n Die Anlaufstelle der UBA ist von Montag bis Freitag, von 14 bis 17 Uhr, telefonisch erreichbar unter 058 450 60 60 oder 0848 00 13 13 oder schriftlich unter info@uba.ch n Weitere Infos unter www.uba.ch, www.aneluege.ch, www.alterohnegewalt.ch

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