Zenit Nr. 3, September 2017

26 Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 17 INDIVIDUELLE FINANZHILFE VON ROBERT BOSSART «Für jemanden, der sehr wenig Geld zur Ver- fügung hat, sind 300 Franken ein sehr hoher Betrag», sagt Lea Thüring, Sozialarbeiterin und Leiterin der Pro-Senectute-Beratungsstelle Luzern (ab 1. Oktober Bereichsleiterin Soziale Arbeit). Wer mit rund 3130 Franken imMonat durchkommen muss, hat sehr wenig Spiel- raum. Wenn dann eine unerwartete Ausgabe hinzukommt, sprengt das oft die finanziellen Möglichkeiten. «Meistens sind es Menschen, die bereits Ergänzungsleistungen erhalten oder deren Budget ganz knapp über dieser Einkom- mensgrenze liegt», erklärt Lea Thüring. Sie schildert den Fall eines Rentners, der im Winterhalbjahr als Fan eines Sportclubs ein leidenschaftliches Hobby pflegt. Im Sommer hingegen sitzt er fast ständig zu Hause auf dem Sofa und weiss nicht, was er tun soll. «So bewegte er sich kaum noch und klagte über Rückenschmerzen. Im Beratungsgespräch wurde klar, dass ihm ein ÖV-Abonnement hel- fen würde, um wieder vermehrt nach draussen zu gehen, einen Kaffee zu trinken oder Men- schen zu treffen. Oder einfach nur im Bus zu sitzen.» Es stellte sich heraus, dass diese Mass- nahme Gold wert war. «Er blühte förmlich auf und hat damit viel Lebensqualität zurückge- wonnen», so Lea Thüring. Das Problem war aber, dass ihm das Geld für den Passepartout fehlte. Die Sozialarbeiterin klärte ab, ob in die- sem Fall ein Gesuch um Individuelle Finanz- hilfe (IF) möglich ist. Individuelle Finanzhilfe Pro Senectute richtet im Auftrag des Bundes diese Hilfe aus. Im letzten Jahr wurden im Kanton Luzern rund eine Million Franken an Individueller Finanzhilfe aus Bundesmitteln und anderen Quellen (Fonds, Stiftun- gen etc.) über rund 2200 Gesuche aus- bezahlt. Damit werden Menschen im AHV-Alter unterstützt, die sich in einer finanziellen Notlage befinden. Die IF ist eine Ergänzung zu den Sozialversicherungen wie AHV, Ergän- zungsleistungen oder Hilflosenent- schädigung. «Basis ist die Bedürftig- keit», bringt es Lea Thüring auf den Punkt. Zusammen mit den Betagten er- stellt sie ein Budget, um zu überprüfen, ob die finanziellen Möglichkeiten tat- sächlich beschränkt sind. «Erhält ein Gesuchsteller oder eine Gesuchstellerin Ergänzungsleistungen, so besteht be- reits ein genaues Budget, auf das ich zu- rückgreifen kann.» Im oben beschrie- benen Fall wurde auf Grund der Unterlagen klar, dass das Geld für ein Passepartout nicht vorhanden ist – das IF-Gesuch wurde entsprechend bewil- ligt. Der Betagte hat 100 Franken als Eigenleistung beigetragen. Von Fall zu Fall abklären Ob jemand Anspruch auf Individuelle Finanzhilfe hat oder nicht, muss indivi- duell abgeklärt werden. «Es ist nicht so, dass Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen automatisch auch IF erhalten», sagt Lea Thüring. «Die Vermögenssituation muss geprüft werden und die gewünschte Anschaf- fung muss begründet und notwendig sein. Dementsprechend müssen wir je- den Fall einzeln anschauen.» Von dieser Unterstützung profitieren etliche Rent- «Ein neues Bett nach zwanzig Jahren Ein knappes Budget, das gerade reicht, um die Fixkosten zu begleichen. Wenn plötzlich eine unerwartete Ausgabe hinzukommt, etwa eine neue Brille, wird es schwierig. In solchen Situationen ist die Individuelle Finanzhilfe von Pro Senectute eine wichtige Entlastung für ältere Menschen. ner und Rentnerinnen. «Die individu- elle Finanzhilfe ist ein wichtiges Instru- ment, das die Leute in Notlagen entlastet», sagt Lea Thüring. In die Sozialberatung kommen viele Menschen, die froh um diese Hilfe sind. Sie schildert das Beispiel einer Frau, die seit zwanzig Jahren das gleiche Bett hat, und das ihr – mit ihrer inzwi- schen eingeschränkten Beweglichkeit und ihren rheumatischen Beschwerden – zu tief liegt. «Sie kann morgens kaum mehr aufstehen, weil es so niedrig ist.» Die Frau ist regelmässig in der Sozial- beratung, bezieht zwar keine Ergän- zungsleistungen, hat aber ein knappes «Das per- sönliche Gespräch ist immer zentral», sagt Lea Thüring, Leiterin Pro- Senectute- Beratungs- stelle Kanton Luzern. Foto: Peter Lauth

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