KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2023

03 / 2023 BERUFSPOLITIK KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 15 Auch im Tarifbereich gewinnen Bundesrat und Parlament immer mehr Einfluss: Können sich die Tarifpartnerinnen nicht einigen, soll der Bundesrat eingreifen, am besten mit Tarifkürzungen. Wir müssen Hand bieten zur Umsetzung von gesetzlichen Aufträgen. Wir müssen vorausschauend diskutieren, informieren, den politischen Diskurs zu prägen versuchen. Und wir müssen uns persönlich engagieren, auf allen Ebenen, beginnend in unserer unmittelbaren Umgebung. Und nein – die Antwort auf eine Frage an der Generalversammlung mfe – wir haben kein Konzept, um eigene Leute in die Parlamente und an die Entscheidungsstellen zu bringen. Ideen und Kandidaturen nehmen wir gerne entgegen. Eidgenössisches Parlament Die beiden gesundheitspolitischen Initiativen (Kostenbremse von CVP/Die Mitte, Prämienentlastung von SP) werden immer noch zwischen den beiden Parlamentskammern hin und her geschoben auf der Suche nach akzeptablen Gegenvorschlägen. Im Verlauf dieser Diskussionen hat sich der Nationalrat mit 99 zu 90 Stimmen nur knapp gegen neue Eingriffe des Bundesrats in Tarmed entschieden. Wir dürfen hoffen, dass allfällige Tarifeingriffe – zum Beispiel beim Scheitern von Tardoc – nicht zulasten der Haus- und Kinderärzte durchgesetzt würden. Garantien gibt es keine. Auffallend die zahlreichen Anfragen in der Sommersession zur Kostenneutralität von Tardoc. Santésuisse hat ihre Verbindungen genutzt und mehrere Parlamentarierinnen dazu bewegen können, die Einführung von Tardoc ein weiteres Mal in Frage zu stellen. Bundesrat Der angekündigte Rücktritt von Bundesrat Berset hat – je nach Standpunkt – Hoffnungen oder Befürchtungen ausgelöst. Herr Berset hat die zentrale Bedeutung der praxisbasierten Grundversorgung gut verstanden. Seine Nachfolge ist offen. Ebenso ungewiss ist deren Haltung zum Gesundheitswesen. Auch das Parlament wird im Herbst neu gewählt. Sowohl im Parlament als auch bei der Nachfolge im Departement des Innern werden wir viel Informationsarbeit leisten und neue Kontakte knüpfen müssen, um nach guten Lösungen suchen zu können. ■ Grenzen des politischen Einflusses Einfluss ist nicht gegeben, man muss ihn sich nehmen und daran festhalten. Das bedeutet Arbeit. Die schon immer bescheidene Präsenz der Ärzteschaft in der Politik schwindet weiter. Wir werden im zukünftigen eidgenössischen Parlament noch weniger vertreten sein als bisher. Und in den Kantonen sieht es auch nicht besser aus. Umso grösser ist die Bedeutung von politischen Verbänden wie mfe. «Grenzen des politischen Einflusses» war Thema des Round Table am Jahreskongress von pädiatrie schweiz in Interlaken. Das Interesse der Pädiaterinnen und Pädiater war minimal. Erfreulich hingegen die Präsenz junger Kolleginnen. Politikerinnen der Zukunft? Gehört zum Berufsleben von Kinder- und Hausärztinnen nicht zwangsläufig ein gewisses (standes- und/oder sozial-) politisches Engagement? Auch wenn man nicht gerade die Nachfolge von Bundesrat Berset anstrebt? mfe zeigte auf, auf welchen Wegen Einfluss genommen werden kann, wie kompliziert politische Prozesse sind, wie lange sie dauern und wie man auch scheitern kann. Parlamentarische Vorstösse können erfolgreich sein. Sie können aber auch zu unerwünschten Resultaten führen. Die Komplexität der politischen Vorgänge ist vielen nicht bewusst. «Warum wird der Taxpunktwert nicht erhöht, wo doch alles teurer wird?» Die korrekte, aber unbefriedigende Antwort: «Weil der Taxpunktwert in den Kantonen verhandelt oder festgesetzt und dann eventuell vor Gericht bestritten wird.» Unser Einfluss ist begrenzt. Und trotzdem muss jede Chance genutzt werden. Möglichkeiten des politischen Einflusses Handeln wir nicht selbst, möglichst proaktiv, so drängen sich andere vor. Der standespolitische Round Table mfe am KHM-Kongress in Luzern war dem Thema «Qualität» aus politischer Sicht gewidmet. Das KVG verlangt, dass Leistungen «qualitativ hochstehend und möglichst günstig» zu erbringen sind. Ein hoher Qualitätsstandard ist unbestritten. Auch wir wollen uns verbessern, täglich, bis ans Ende unserer Berufstätigkeit. Was Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung kosten darf und wer das finanzieren muss, ist Gegenstand jahrelanger Diskussionen. Die Politik verbindet Qualität stets auch mit Wirtschaftlichkeit. Höhere Qualität zu günstigerem Preis! Und wenn es der Politik zu wenig schnell vorangeht, oder sie meint, die Ärzteschaft stelle sich gegen die Ideen der Parlamentarier, so wird ein neuer Gesetzesartikel beschlossen, wie die neuen KVG-Bestimmungen zu Qualitätsentwicklung und -kontrolle. Ob uns das passt oder nicht. DR. MED. ROLF TEMPERLI VORSTANDSMITGLIED MFE, EHRENMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: temperli-rossini@bluewin.ch DR. MED. HEIDI ZINGGELER FUHRER VIZE-PRÄSIDENTIN MFE, ZUSTÄNDIGKEIT PÄDIATRIE, CHUR Korrespondenzadresse: h.zinggeler@mez-chur.ch

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