KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2023

01 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 43 Das Kantonsspital Winterthur (KSW) arbeitet mit einem Konzept, das auf konkrete Anliegen, Bedürfnisse und Fragen von Eltern eingeht, die ein Kind mit Trisomie-21 (Tri21) erwarten oder bekommen haben. Dieser neonatologische Konzeptentwurf (NEOTri21) zeichnet sich durch eine multiprofessionelle Herangehensweise aus, die die Kindseltern strukturiert begleitet. Es besteht aus den drei Kombi-Bausteinen Information & Begleitung, Therapie & Diagnostik sowie Unterstützung & Kompetenz. Das Ziel des NEOTri21 ist ein lückenloser Übergang aus dem präklinischen und klinischen Setting hin zu einer ambulanten Anschlusslösung an den niedergelassenen Kinderarzt oder die niedergelassene Kinderärztin, die eine langfristige Betreuung durch verschiedene Lebensphasen professionell und patientennah betreuen. Die Geburtshilfe Insbesondere bei einem Verdacht oder Befund einer Tri21 ist eine professionelle und empathische Begleitung der Eltern in der Phase der Schwangerschaft wichtig. Bei einem gemeinsamen Pränatalgespräch werden der konkrete Ablauf nach der Geburt und der Wochenbettaufenthalt besprochen. Bei Bedarf wird das Team durch pädiatrische Spezialisten, Therapeutinnen etc. erweitert. Die Neonatologie Sollten sich beim Neugeborenen respiratorische oder hämodynamische Anpassungsstörungen zeigen oder wurde es in einer peripheren Klinik geboren, erfolgt die Aufnahme direkt auf die Neonatologie. Nach Aufnahme auf das Wochenbett erfolgt täglich eine Visite von Ärzten der Neonatologie. Bei ausgeprägter Trinkschwäche, Temperaturinstabilität oder Hyperbilirubinämie etc. erfolgt ein Transfer auf die Neonatologie zur Behandlung. Die neonatologische Betreuung und Behandlung zeichnen sich v. a. durch einen zeitnahen, strukturierten Informationsfluss aus. Dieser wird gewährleistet durch das Neo-Team und dessen multidisziplinäre Partner in Form von Tri21-spezifischen Gesprächstypen, deren Zeitpunkt und Umsetzung je nach Informationsstand und Bedarf der Familie adaptiert und offeriert werden: Orientierungsgespräch, Zwischengespräch(e), Diagnosegespräch, Austrittsgespräch und Nachsorgegespräch. Das Orientierungsgespräch: Es wird über den emotionalen Zustand der Mutter, des Vaters, der evtl. Geschwister und der weiteren Familie gesprochen. Der Verlauf der Schwangerschaft und der Geburt wird thematisiert und geht oft automatisch über in das Thema DR. MED. UNIV. (A) MICHAEL KLEBER FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, SPEZIALISIERUNG NEONATOLOGIE, KLINIK FÜR NEONATOLOGIE, ZENTRUM FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, KANTONSSPITAL WINTERTHUR SILKE SCHEUFELE MSc KLINISCHE SPEZIALISTIN FÜR KINDERPHYSIOTHERAPIE, INSTITUT FÜR THERAPIEN UND REHABILITATION, KANTONSSPITAL WINTERTHUR BERIT KERTSCHER MSc KLINISCHE SPEZIALISTIN FÜR LOGOPÄDIE, INSTITUT FÜR THERAPIEN UND REHABILITATION, KANTONSSPITAL WINTERTHUR Korrespondenzadresse: michael.kleber@ksw.ch Ein guter Start mit Trisomie-21 Neonatologisches Konzept für Tri21 Kinder am Kantonsspital Winterthur des Umgangs mit der Tri21 gegenüber der Umwelt (z. B. Vermeidungsstrategien und Ängste). Das Zwischengespräch(e): Thematisch orientiert sich das Gespräch hauptsächlich am postpartalen Verlauf der Kindsmutter, dem emotionalen Zustand der Kernfamilie und an der medizinischen Situation, u. a. neonatologische Diagnostik, Entwicklung und Gedeihen, sowie den geplanten Massnahmen. Das Diagnosegespräch: Ca. 5–7 Tage nach Blutentnahme liegt der Befund der FISH-Analyse vor, dieser wird mit den Eltern zeitnah besprochen. Die Diagnose der Tri21 steht ab diesem Zeitpunkt fest. Den Eltern werden die medizinischen und psychosozialen Besonderheiten bei Tri21 dargestellt, der Ablauf der empfohlenen Untersuchungen mit ihnen besprochen und gemeinsam die Austrittsplanung begonnen. Das Austrittsgespräch: Da bei unseren Neugeborenen mit Tri21 viele Befunde und Informationen zusammenkommen, gestalten wir das Austrittsgespräch gerne gemeinsam mit der zukünftigen Kinderärztin aus der Praxis im Beisein der Eltern. Dieses besondere Austrittsmanagement verschafft dem niedergelassenen Kinderarzt ein persönliches Kennenlernen, unterstreicht die unabdingbare Zusammenarbeit zwischen Spital und Praxis, und ermöglicht einen nahtlosen Informationstransfer ins ambulante Setting – eine Stärke des NEOTri21. Das Nachsorgegespräch: Das Nachsorgegespräch wird meist 4–6 Wochen nach Austritt geplant und die personelle Zusammensetzung ist situativ und individuell angepasst; häufig in Konstellation aus Vertretenden des Neo-Teams, pädiatrischen Fachgebieten, der Kinderphysiotherapie und der Logopädie. Abklärungen & Untersuchungen Die Abklärungen gesundheitlicher Besonderheiten bei Tri21 erfolgen in Absprache mit den Eltern, nachdem diese ausführlich informiert wurden. Das NEOTri21 orientiert sich dabei an der DS-Gesundheits-Check Liste des Deutschen Down-Syndrom Infocentera, AAPb und AWMFc. Medizinische Therapien Kinderphysiotherapie: Die frühe Förderung der sensomotorischen Entwicklung spielt bei Kindern mit Tri21 eine entscheidende Rolle für das Erreichen von motorischen Meilensteinen. Eine direkte ambulante physiotherapeutische Anbindung wird deshalb, im Anschluss an die stationäre Intervention am Kind und dem Coaching der Eltern, empfohlen.

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