KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2023

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2023 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 38 Obstruktive Schlafapnoe: Risikofaktoren und Symptompräsentation Schlafassoziierte obstruktive Symptome der oberen Atemwege sind bei Kindern insgesamt keine Seltenheit. Ca. 10 % der Kinder schnarchen regelmässig aufgrund unterschiedlicher Ursachen1. 1–2 % aller Kinder und Jugendlichen leiden an einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA; obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, OSAS). Die variabel vorliegenden Leitsymptome und Komplikationen eines OSAS sind in Tabelle 1 aufgeführt, wobei zu beachten ist, dass die anamnestischen Angaben der Angehörigen zur Symptompräsentation im Schlaf (z. B. Schnarchen, Atempausen) nicht selten wenig mit den objektivierbaren Befunden einer Schlafuntersuchung korrelieren. Dies heisst auch, dass trotz weitgehend unauffälliger Schlafanamnese dennoch ein OSAS vorliegen kann2. Bei bestimmten Hochrisikofaktoren für ein OSAS, zu denen auch die Trisomie-21 gehört, ist deshalb auch bei nicht-suggestiver Anamnese ein Screening auf OSAS mittels einer qualifizierten Schlafuntersuchung indiziert. Die Risikofaktoren für ein OSAS im Kindesalter sind in Tabelle 2 zusammengefasst. DR. MED. ANDREAS JUNG FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, LEITENDER ARZT PÄDIATRISCHE PNEUMOLOGIE, KANTONSSPITAL WINTERTHUR Korrespondenzadresse: andreas.jung@ksw.ch Kinder und Jugendliche mit Trisomie-21 haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine obstruktive Schlafapnoe. Die frühe Diagnosestellung mittels Schlafuntersuchung ist sinnvoll, um eine effektive Therapie einleiten zu können mit dem Ziel, die Lebensqualität für das betroffene Kind und die Familie zu erhöhen und Komplikationen zu vermeiden. Obstruktive Schlafapnoe bei Trisomie-21 Symptome, Screening und Diagnosestellung Tabelle 2 Leitsymptome und Komplikationen einer obstruktiven Schlafapnoe Nächtliche Symptome und Befunde Symptome und Befunde tagsüber Schnarchen >3×/Woche, sichtbar angestrengte Atmung Beobachtete Atemaussetzer/-pausen (die Dauer der beobachteten Events ist hierbei nicht per se relevant) Laute inspiratorische Geräusche nach der Atempause Unruhiger Schlaf, häufiges Erwachen Sekundäre Enuresis Hyperextendierter Nacken, Schlafen in sitzender Position orgendliche Kopfschmerzen (Hyperkapnie im Schlaf) Regelmässige morgendliche Unausgeschlafenheit Vermehrte Tagesmüdigkeit, -schläfrigkeit; Mittagsschlaf bei älteren Kindern Aggressivität, Hyperaktivität (DD AD(H)S!) Lern-/Schulprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten Depression Im fortgeschrittenen Stadium: Pulmonale Hypertonie, psychomotorische Entwicklungsverzögerung Risikofaktoren für ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom Nächtliche Symptome und Befunde Tonsillen-/Adenoidhyperplasie Adipositas (obere Atemwegs-Obstruktion plus thorakale Hypoventilation) Trisomie-21 (obere Atemwegs-Obstruktion plus muskuläre Hypotonie) Mittelgesichts-Hypoplasie, kraniofaziale Abnormalitäten (u.a. Achondroplasie, Pierre-Robin-Sequenz, Lippen-KieferGaumenspalten) Kraniofaziale Dysostosen (u.a. M. Crouzon, Apert-Syndrom) Mucopolysaccharidosen Prader-Willi-Syndrom (primär zentrale, dann obstruktive Atemstörung) Neuromuskuläre Erkrankungen (OSAS plus Hypoventilation) Respiratorische Polygrafie oder Polysomnografie? Heute stehen im Wesentlichen zwei Verfahren der qualifizierten Schlafuntersuchung zur Verfügung. Die respiratorische Polygrafie (RPG) ist als Screeningverfahren auf obstruktive und zentrale schlafassoziierte Atemstörungen weit verbreitet. Mit ihr können Pathologien wie eine OSA oder zentrale Störungen wie z. B. eine periodische Atmung bei unreifem Atemmuster des Neu-/Frühgeborenen in der Regel sicher erfasst und beurteilt werden. Für ein Screening und die Diagnose einer OSA bei Tonsillen-/Adenoidhyperplasie, Adipositas und Trisomie-21 ist die RPG gut geeignet. Ein entscheidender Vorteil ist, dass die Untersuchung ambulant zu Hause (nach Anleitung der Familie in der kinderpneumologischen Praxis oder im Zentrum) durchgeführt werden kann, was die Akzeptanz bei Patient und Familie und die Durchführbarkeit durch die vertraute Schlafumgebung verbessert. Ein typisches Set-up einer respiratorischen Polygrafie zeigt Abbildung 1. Tabelle 1

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