KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2019

BERUFSPOL I T I K 02 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 10 A lles begann mit einem Unfall: Im Alter von zehn Jah- ren lag André Poulie monatelang im Spital. Seine Mutter Theodora besuchte ihn jeden Tag, erzählte ihm und den anderen kleinen Patienten Geschichten und hei- W er von euch kennt den Film «Patch Adams» aus dem Jahre 1998, mit Robin Williams in der Haupt- rolle? Für mich persönlich war dieser Film sehr wichtig.  Die Traumdoktoren (für Einige ist der Begriff der Spital-«Clowns» wegen den «Scary-Clowns» nicht mehr positiv besetzt) machen wunderbare Arbeit und sind aus den modernen Kinderspitälern nicht mehr wegzu- denken. Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass sogar in einer Einsatzgruppe bei einer Erdbeben-Katastrophen- hilfe neben den Notfallärzten auch zwei Spitalclowns mitreisten!  Ich hatte in den letzten Jahren die Möglichkeit, einige Traumdoktoren bei ihrer Arbeit zu begleiten, um sie zu entwicklungspädiatrischen Fragen zu supervidieren. Ich habe viele Szenen miterlebt, die mich zutiefst berühr- ten: Ihr Umgang mit schwerstkranken Kindern, wie die terte ihren Alltag auf. Ihre unverwechselbare Mimik, die ansteckende Fröhlichkeit und ihr ausgeprägter Sinn für Humor liessen Schmerz und Angst für eine Weile in den Hintergrund rücken. Als Theodora verstarb, gründeten André und sein Bruder Jan im Andenken an ihre Mutter am 9. September 1993 eine Stiftung: Theodora. Eine Freude schenkende Mission Wie seinerzeit Theodora sind von da an «Doktoren» der ganz besonderen Art im Auftrag der Stiftung für die Kin- der da: Mit viel Humor, Heiterkeit und Einfühlungsver- mögen lassen sie die kleinen Patienten dem Spitalalltag für einen Moment entfliehen und in ihre Welt der Far- ben, der Fantasie und des Lachens zurückfinden. Die bei- den ersten Traumdoktoren im Universitätsspital Lausanne (CHUV) weckten Begeisterung und der Gewinn eines internationalen Preises im Juni 1994 verhalf der Stiftung Theodora zu wachsen. In den darauffolgenden Jahren besuchten immer mehr Traumdoktoren, allesamt pro- fessionelle Künstler, die Kinder in immer mehr Spitä- lern der Schweiz und bescherten ihnen, ihren Eltern, Geschwistern und auch dem Pflegepersonal tausende magische Momente. gesunden Lebensgeister wachgerufen und ein Lächeln auf die erschöpften Gesichter gezaubert wurde. Oder die Begegnungen durch die Scheibe der Knochenmarks- transplantationsstation, wo die Kinder offensichtlich vergassen, dass sie isoliert waren. Das Frohe, Lebensbe- jahende schwappt dabei nicht nur auf die Kinder über, es integriert auch Eltern, Pflegpersonal und uns Ärztin- nen und Ärzte.  Dabei werde ich etwas nachdenklich… warum brau- chen wir die Traumdoktoren? Wenn wir selber ganz gut mit dem Kind in uns in Kontakt blieben; wenn wir uns die Zeit nehmen könnten und würden; wenn wir kon- sequent dem Prinzip der gesunden Anteile beim kran- ken Kind das Augenmerk geben würden, dann wäre das Spital – oder die Praxis – voller Personal mit positi- ver Ausstrahlung, mit und ohne Verkleidung! Eigentlich sollten wir alle Traumdoktoren sein… KD DR. MED. SEPP HOLTZ, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, PRAXISPÄDIATER IN ZÜRICH Korrespondenzadresse: holtz@cybermail.ch Letztes Jahr feierte die Stiftung Theodora ihren 25. Geburtstag. Die gemeinnützige Organisation verfolgt seit 1993 das Ziel, den Alltag von Kindern im Spital und in speziali- sierten Institutionen mit Freude und Lachen aufzuheitern. Heute besuchen 62 Profi- Künstler – sogenannte Traumdoktoren – Kinder in 35 Spitälern und 29 spezialisierten Institutionen schweizweit. Jährlich schenken diese zauberhaften Figuren auf rund 100000 Kinderbesuchen wertvolle Momente der Unbeschwertheit. Ein Jubiläumsjahr voller Glücksmomente Dr. Chapeau und Pönk, Inselspital Bern. Foto Annette Boutellier

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