KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2019

K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 62 ERFAHRUNGSBER I CHT 01 / 2019 D as Publikum der Vorsorgekurse bestand mehrheit- lich aus jüngeren Kolleginnen, die entweder noch vor Einstieg in eine Praxis standen oder erst kurze Zeit in einer solchen gearbeitet haben. Diese hatten klar den Wunsch, eine kochbuchartige Anleitung zu bekommen, wie eine Vorsorgeuntersuchung abzulaufen hätte und welche Punkte zu testen seien. Daneben besuchten aber auch einige erfahrene Kolleginnen und Kollegen den Kurs; diese mit dem Wunsch, neue Inputs zu be- kommen und sich damit selbst zu hinterfragen.  Die Letzteren kamen voll auf ihre Kosten. Die Erste- ren mussten erkennen, dass es nicht möglich ist, auch nicht sein darf (!), dass eine Vorsorgeuntersuchung für jedes Kind genau gleich abläuft.  Dennoch ist es wichtig, schon ein klares Raster im Kopf zu haben und vor allem einen Ablauf, der es er- laubt, alle wichtigen Eckpunkte zu testen und trotzdem auf die Sorgen und Fragen der Eltern einzugehen.  Hier hat sich klar herauskristallisiert, dass es sich lohnt, bei allen Vorsorgeuntersuchungen am Anfang der Kon- sultation den Ablauf zu klären: den Zeitrahmen fest­ legen (in den meisten Fällen 30 Minuten), das Programm erklären, Fragen der Eltern aufnehmen, Untersuchung durchführen, evtl. impfen, Schlussbesprechung mit Be- antwortung der Fragen sowie Vereinbarung des nächs- ten Termins.  Hier hat es sich für die meisten bewährt, zuerst alle Fragen abzuholen, damit abgeschätzt werden kann, welcher Zeitaufwand dafür benötigt wird und nicht der Versuchung zu unterliegen, sofort auf einzelne Fra- gen einzugehen. Durchwegs hatte sich gezeigt, dass das grösste Unwohlsein während der Vorsorgeuntersu- chung bei den Teilnehmern immer dann bestand, wenn der Zeitrahmen zu entgleiten schien. Es gibt immer wie- der spezielle Situationen, in denen es nicht möglich ist, in einer Routinevorsorge alle Probleme zu lösen. Es ist durchaus sinnvoll, für besondere Fragestellungen einen zusätzlichen Termin zu vereinbaren. Unser Anspruch, in den üblichen 30 Minuten alles erledigen zu können, ist eine unrealistische Ambition!  Ein grosses Thema in allen Altersstufen war das Imp- fen, bzw. die Frage, wie dieses für das Kind am ange- nehmsten gestaltet werden kann. Hier gab es eine lange Liste von Ideen und mannigfaltige Vorschläge, von denen sich einige wirklich zu bewähren scheinen, weil die Kin- der dann signifikant weniger weinen. Für die Kleinsten kann die Verabreichung von Zuckerlösung vor der Imp- fung hilfreich sein. Für die etwas Älteren zeigt sich, dass jede Art der Ablenkung nützlich ist; vor allem aber dann, wenn akustische und visuelle Reize gleichzeitig angebo- ten werden, wie zum Beispiel Spieldosen. Auch das Imp- fen auf dem Schoss der Eltern wurde immer wieder er- wähnt, ebenso wie das gleichzeitige Impfen durch Arzt/ Ärztin und MPA, wenn zwei Injektionen an der Reihe sind. Zwiespältig diskutiert wurde, dem Kind zur Ablen- kung nach der Impfung eine Süssigkeit anzubieten.  Während der Kurse wurden die Teilnehmenden häu- fig aufgefordert, eigene Videos mitzubringen, die dann von den anderen Kursteilnehmern beurteilt wurden. Dabei blieb zunächst ein beklemmendes Gefühl nicht aus, sich exponieren zu müssen. Letztlich hat sich aber gezeigt, dass dies ein unglaublich guter Weg ist, sich zu hinterfragen und sich auch zu verbessern. Nur schon diese Erfahrung und Erkenntnis ist den Besuch der Kur- se wert! Noch besser ist es natürlich, sich durch einen erfahrenen Kollegen helfen zu lassen. Hierfür hat Sepp Holtz im Rahmen der Kurse auch einen zusätzlichen Su- pervisionskurs angeboten.  Daher kam auch der Vorschlag, Eltern häufiger zu bitten, Videos von Befunden oder Vorkommnissen ma- chen zu lassen. Auch Handyvideos mit nicht perfekter Qualität lassen manchmal Erkenntnisse zu, welche auch durch gute Beschreibungen bei Weitem nicht zu errei- chen sind. Ich habe realisiert, dass wir hiermit eine Op- tion haben, die viel zu selten genutzt wird!  Die Vorsorgekurse leben vor allem von den spannen- den Diskussionen mit den Referenten und den ande- ren Kursteilnehmern! Ein Klassiker für uns Kinderärzte/ -innen, den ich sehr empfehlen kann! ■ DR. MED. RALF SCHÖPKE, FRAUENFELD Korrespondenzadresse: ralf.schoepke@hin.ch Erfahrungsbericht Vorsorgekurse 1 bis 24 Monate

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx