KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2017

25 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 04 / 2017 JAHRESTAGUNG 2017 – WORKSHOPS Die beiden Referentinnen, Stefanie Basler, Leiterin Pädaudiologischer Dienst, und Monica Vonder MühllRamseier, Leiterin Audiopädagogischer Dienst, beide im Landenhof tätig, eröffneten den Workshop nach kurzer Einführung mit einem Selbsttest. Alle Teilnehmer/innen erhielten Oropax und/oder Pamirs (entsprechend einer Hörminderung von etwa 30 dB) und erhielten Instruktionen, wie sie sich in Zweiergrüppchen auf ein Gespräch einlassen sollten. Was anfangs noch recht gut gelang, wurde von Minute zu Minute schwieriger, bis die künstlich erzeugten, störenden Nebengeräusche wie Musik und Papiertüten-Geraschel eine Kommunikation beinahe verunmöglichten.  Diese Selbsterfahrung war eindrücklich und liess uns erahnen, welche Anstrengungen alltägliche Gespräche für hörbeeinträchtigte Menschen bedeuten und warum viele der hörbeeinträchtigten Kinder mit Wut und Aggressionen in Situationen mit vielen Nebengeräuschen reagieren.  Es wurde uns eine FM-Anlage (Frequenzmodulierte Anlage) vorgeführt, durch die hörbehinderte Schüler direkt mit dem Lehrer über Mikrofon verbunden sind und somit der Umgebungslärm rausgefiltert werden kann, ebenfalls existieren portable Mikrofone, mit denen eine Diskussion im Klassenverband integrativ durchgeführt werden kann. Von solchen FM-Anlagen können auch Kinder mit monoauralen Störungen (Einohrigkeit) profitieren und es wurde aufgezeigt, wie wichtig die Erfassung einer monoauralen Störung ist, da solche Kinder häufig einen langen Leidensweg aufweisen. An vielen Spitälern wird das OAE weiterhin nur einseitig durchgeführt und somit eine solche Störung oft erst sehr spät erkannt. Es wurden eindrückliche Audiogramme von Kindern mit Hörbehinderung gezeigt, auf die Gefahr der «falsch guten» Audiogramme bei Screenings hingewiesen, da hörbehinderte Kinder teilweise ausgezeichnete Strategien entwickeln und Signale auch ohne auditive Information wahrnehmen können.  Das Prinzip des Cochleaimplantates wurde vorgestellt und anhand einer Simulation gezeigt, wie ein Mensch mit Cochleaimplantat in etwa hört. Es wurde aufgezeigt, dass die Kinder mit Cochleaimplantaten je nach Comorbiditäten unterschiedlich schnell und unterschiedlich gute Sprachfähigkeiten entwickeln, sich die Sprache jedoch nach erfolgreicher Cochleaimplantation noch über Jahre hinweg stetig verbessere. Der Fall eines gehörlosen Jungen wurde vorgestellt, der früh diagnostiziert wurde und mit 5 Monaten bereits ein beidseitiges Cochleaimplantat erhalten hatte. Er habe bereits nach wenigen Wochen eine sprachliche Entwicklung gezeigt, die vergleichbar mit einem von Geburt an hörenden Säugling sei. Es wurde aber auch von Erwachsenen berichtet, die spät ein Cochleaimplantat erhalten hatten und das als sehr einschneidendes Erlebnis darlegen.  Der Workshop war äusserst lebendig und interaktiv. Die Referentinnen waren ein eingespieltes Team und hatten auch anschauliche Hörhilfen und Implantate dabei. Da in der Schweiz die Betreuung der hörbeeinträchtigten Kinder kantonal sehr unterschiedlich geregelt ist, gibt es auf folgender Homepage: www. audiopädagogik.ch Informationen zu den betreffenden zuständigen Stellen. ■ REFERENTINNEN: MONICA VONDER MÜHLL-RAMSEIER, LEITERIN AUDIOPÄDAGOGISCHER DIENST, ZENTRUM UND SCHWEIZERISCHE SCHULE FÜR SCHWERHÖRIGE LANDENHOF, UNTERENTFELDEN STEFANIE BASLER, LEITERIN PÄDAUDIOLOGISCHER DIENST, ZENTRUM UND SCHWEIZERISCHE SCHULE FÜR SCHWERHÖRIGE LANDENHOF, UNTERENTFELDEN MODERATION: DR. MED. SUSANNA BURI, FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, PRAXISPÄDIATERIN IN URDORF AUTORIN: DR. MED. MADLEINA TAHA-LUDWIG, FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, PRAXIS IM VIERI, AARAU KORRESPONDENZADRESSE: madleina.taha@hin.ch Hörbeeinträchtigte Kinder in der Praxis: Was muss ich über sie wissen?

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