Zenit Nr. 4, Dezember 2019

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 19 13 Jahr lebte er sogar mit seiner Familie in Madrid. Der Ein- tritt ins Pensionsalter fiel wegen Umstrukturierungen im Betrieb etwas früher als geplant und deshalb eher abrupt aus. Es war eine schwierige Situation, auf die er nicht vor- bereitet war. Bei seinen ersten Besuchen im «Sentitreff» musste er sich zuerst an die ungewohnte Umgebung gewöhnen. Seit- her geben ihm die Einsätze eine Tagesstruktur. «Es macht Freude, mit anderen Menschen zusammen zu sein. Der intensive Kontakt mit Menschen aus Afghanistan und dem Iran hat mich motiviert, mit einem Persisch-Kurs zu begin- nen. Jetzt kann ich beim Deutschsprechen manchmal ein persisches Wort einstreuen oder mir etwas Persisch vor- sprechen lassen, und das wirkt meistens auflockernd. Im ‹Hello Welcome› und im ‹Sentitreff› ist es mir nie langeilig, wartet doch eine Überfülle an Bedürfnissen auf uns. Zu- dem ist das ‹Hello Welcome› eine Quelle für Impulse be- züglich aktuellen Filmen, Büchern, Musik, aber auch der Kulinarik. Neben den Einsätzen gibt es auch vielseitige inte- ressante Angebote wie Länderabende und Lesungen.» Eine Win-win-Situation Die beiden Senioren schätzen die gelöste Atmosphäre in den Flüchtlingstreffs, wo trotz der traurigen Geschichten auch oft gelacht wird. «Mich berührt die Unbeschwertheit mancher Menschen trotz ihrer schwierigen Lage. Ich wäre in derselben Situation umgekommen vor lauter Sorgen», meint Melk Blättler. Auch seine Kollegin wird immer wie- der gefragt, warum die Menschen in der Schweiz so ernst und traurig seien. Angesichts der schweren Schicksale von Folter, Ge- fängnis, Flucht ist für die Freiwilligen die Abgrenzung sehr wichtig. Rosette Christen-Salber kann es verkraften, wenn sie erzählen, sieht sich aller- dings keine Filme über Krieg und Flucht mehr an. Das erträgt sie schlicht nicht mehr. Auch mit politischen Diskussio- nen rund um die Asyl- und Flücht- lingsthematik hat sie oft ihre liebe Mühe. «Die Politik wird sich nicht so schnell ändern. So versuchen wir, vor Ort das Mögliche tun: Brücken zu schlagen und den fremden Menschen mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen», erklärt sie und ist sich mit Melk Blättler einig: «Mit dem freiwil- ligen Engagement möchten wir aus Dankbarkeit etwas zurückgeben, geht es uns doch so gut. Wir sind unglaub- lich privilegiert. Doch ist es nicht nur Altruismus. Wir be- kommen viel zurück, lernen neue Leute kennen, erfahren viel über andere Länder und Kulturen. Das ist eine echte Bereicherung. Das Vertrauen der Menschen zu spüren, tut gut. Es ist ein Geben und Nehmen, eine Win-win-Situa- tion. Jede im ‹Sentitreff› oder im ‹Hello Welcome› ver- brachte Stunde ist sinnvoll verbrachte Zeit, die uns erfüllt.» Hello Welcome Hier sind weitere Freiwillige willkommen: «Hello Welcome«, Kauffmannweg 9, 6003 Luzern Offener Treff für Flüchtlinge, Menschen mit Migrations- hintergrund und Einheimische. Montag bis Donnerstag, 14 bis 18 Uhr, Samstag, 12.30 bis15 Uhr Lernatelier in Kooperation mit «Hello Welcome» Begleitetes Selbststudium unter Anleitung einer Lehrperson DaF und Freiwilligen. Montag, Mittwoch, Freitag, 9 bis 12 Uhr www.hellowelcome.ch, welcome@hellowelcome.ch «Café International im Sentitreff», Baselstrasse 21, 6003 Luzern Interkulturelles Café, jeden Freitagnachmittag, 14 bis 16 Uhr, www.sentitreff.ch

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