Zenit Nr. 4, Dezember 2018

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 18 43 der Städter gegen die «Herrgotts Lumpen» und «Chnebel- grinde» war grausam. Noch heute geht es der Randregion wirtschaftlich nicht rosig. In den letzten zehn Jahren sind über tausend Personen abgewandert.Während schweizweit nur noch 3% in der Landwirtschaft tätig sind, sind es hier immer noch 47,2% (Industrie 14,6%, Dienstleistung 38,2%). Der Medianlohn von CHF 43 961.– pro Jahr (Kan- ton Luzern CHF 71 400.–, Schweiz 78 025.–) bestätigt diese Feststellung. (Medianlohn heisst: Es verdienen genau gleich viele Personen mehr bzw. weniger. Quelle: LUSTAT – Statistik Luzern 2018.) Industriell ist der «Wilde Westen Luzerns» noch Ent- wicklungsland. Die B. Braun Medical AG in Escholzmatt – mit 240 Beschäftigten – ist einer der wichtigsten Arbeitge- ber der Region. Der Grossteil der Mitarbeitenden kommt aus dem Entlebuch. Doch 39% sind «Auswärtige» und pen- deln täglich nach Escholzmatt. Die Lage zwischen Bern und Luzern ist offenbar kein Nachteil. Und es werden sogar Mitarbeiter im Ausland rekrutiert. Die Biosphäre wirkt of- fensichtlich attraktiv. Ist den Entlebuchern die Quadratur des Kreises gelun- gen? Auf jeden Fall sind sie daran, das Leben lebenswerter und gleichzeitig das Wirtschaften wirtschaftlicher zu ma- chen. «Die Idee der Biosphäre hat uns etwas verändert», sagt ein alter Bauer, «wir brauchen und lieben die völlig ungestörten Schutzgebiete – und sie brauchen uns.» Die UNESCO leistet keine finanziellen Beiträge. Das Entle- buch nimmt unter den 507 Biosphärengebieten der Welt eine Vorreiterrolle ein: Die schlauen Bergler produzieren nicht nur hervorragende Waren, sie wissen ihre über 300 Bio-Produkte (Käse, Würste, Teekräuter, Holzkohle, gebrannte Wasser etc.) auch gut zu vermarkten. Selbst ein Dutzend Wirte unterstellt sich den strengen Anforderun- gen des Labels «Echt Entlebuch». Kreative Landwirte Viele Landwirtinnen und Landwirte beteiligen sich aktiv am Landschaftsschutz in den Kernzonen. Andere erwei- tern die touristischen Angebote in Richtung Agritouris- mus und werden Gastwirte. Die Windkraftanlagen Feld- moos oberhalb von Entlebuch (sämtliche im Besitz der Landeigentümer!) machen aus den herkömmlichen Land- wirten nun auch «Energiewirte». Das jahrhundertelang stiefmütterlich behandelte «Armenhaus des Kantons» zeigt viel Mut zur Innovation und Selbsthilfe. Zwar wird die Landbevölkerung nicht mehr von den Städtern ausgepresst wie anno 1653, als der «Batzen» durch die Stadtregierung plötzlich um 50% abge- wertet wurde. 3000 Entlebucher unter Christian Schibi hat- ten damals die Stadt Luzern belagert. Sie wurden mit leeren Versprechen übertölpelt und schliesslich ein paar Wochen später bei Wohlenschwil im Aargau geschlagen. Die Rache eine Erfolgsgeschichte

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