Zenit Nr. 1, März 2020

Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 20 7 IM ZENIT Arbeit und war darum zu wenig da für die Kinder.» Bruno Spoerris erste Ehe ging 1977 auseinander, dann heiratete er wieder und hatte mit seiner zweiten Frau ein gemeinsa- mes Kind. «Meine Tochter hat mir einmal so richtig ihre Meinung gesagt. Das hat wehgetan, aber sie hat wohl recht. Ich war ständig unter finanziellem Druck, der über- beschäftigte Papa.» Dennoch pflegt er zu seinen Kindern heute einen guten Kontakt. Bruno Spoerri hat fünf Enkel, seine heu- tige Partnerin deren zwölf. «Da ist immer etwas los.» Kürzlich waren sie zu Besuch bei ihrer Tochter in Rotter- dam, die dort als Filmemacherin arbeitet. Oder sie gehen an eine Vorführung eines Enkels, der von Beruf Jongleur ist. Aber wie bereits erwähnt, hat der umtriebige Musiker auch heute selber immer viel zu tun. Auch dieses Jahr wer- den wieder einige Konzerte und Auftritte zusammenkom- men. «Es kommen ständig Sachen, jemand vom Radio fragte zum Beispiel an, ob ich ein Interview gebe über maschinenerzeugte Musik.» Hat er nie das Bedürfnis, einfach alt zu sein und sich auszuruhen? Bruno Spoerri schmunzelt. Doch, das gebe es auch. «Ich lese viel, schaue Fernsehen und besuche Verwandte.» Und das Alter, ja, das sei selbstverständlich auch bei ihm ein Thema. «Vielleicht überspiele ich es manchmal ein wenig.» Vor drei Jahren hatte er ein Blut- gerinnsel im Hirn. «Es war plötzlich da, ich habe nichts davon gemerkt. Aber ich hatte Glück.» Seither geniesst er jeden Tag, solange es geht. «Wir spüren beide, dass wir Einschränkungen haben; meine Frau sieht immer weni- ger, und ich merke, dass mein Gehör und die Augen nach- lassen. Deshalb leben wir so genussvoll als möglich. Auch das ist Lebenskunst.» Die Vergangenheit aufarbeiten Bruno Spoerri nimmt das Leben, wie es kommt. Und freut sich auf das Unerwartete – die Konstante, die ihn durch sein ganzes Leben begleitet hat. Ein grösseres Projekt hat er noch: aufräumen. Die Vergangenheit aufarbeiten, nennt er es. «Ich besitze viel zu viele Dinge und habe Angst, dass meine Kinder dereinst eine Hinterlassenschaft vorfinden, mit der sie nichts anzufangen wissen.» Viel Material hat sich angesammelt, als er für seine zwei Bü- cher recherchierte: «Jazz in der Schweiz» und «Musik aus dem Nichts». «Da bin ich daran, auszumisten und zu ord- nen.» Er mag diese Arbeit, bei der er Zeit hat, zurückzu- schauen, sich zu erinnern. An das Leben eines Menschen, der sich zwar nicht als Lebenskünstler bezeichnet, aber der von anderen liebevoll als Grenzüberschreiter und Ausprobierer bezeichnet wird. Bruno Spoerri lächelt. Und freut sich auf das, was noch kommt.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx