Zenit Nr. 1, März 2020

18 Pro Senectute Kanton Luzern 1 | 20 VON ASTRID BOSSERT MEIER Kinder, die in verfahrenen Schei- dungssituationen leiden. Eltern, die um das Besuchsrecht streiten. Fast ihr ganzes Berufsleben lang hat Anne Marie Schärer (66) aus Kriens als Sozialarbeiterin und Psychothera- peutin in der Jugend- und Familien- beratung gearbeitet – die letzten elf Jahre vor der Pensionierung bei der Fachstelle Kinderbetreuung der Pflegekinderaktion Zentralschweiz. Es gehörte zu ihrem Alltag, zerstrit- tene Eltern zur Zusammenarbeit zu gewinnen und in hochkomplexen Fällen ein begleitetes Besuchsrecht umzusetzen. Schelmischer Blick auf Laster, Lust und Lüge 100 Charakterzüge hat Anne Marie Schärer in Wort und Bild zu Papier gebracht. Mit Schalk und Tiefgang nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Welt unserer Gefühle. Hier kennt sich die ehemalige Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin aus. Hunderte, wohl Tausende Bera- tungsgespräche hat Anne Marie Schärer geführt und dabei alle Facet- ten menschlicher Gefühle kennenge- lernt: Missgunst, Frust oder Reue genauso wie Hoffnung, Gelassenheit oder Weisheit. Bisweilen dachte sie nach einemGespräch: «Dieser Mensch wirkte gar nicht so, wie seine Ge- sichtszüge es vermuten liessen.» Mit- unter aber auch: «Das sah man ihm gleich an.» Ihr Berufsalltag war an- spruchsvoll. Und manchmal kehrten die Gedanken nach Feierabend zur Arbeit zurück. In der Kreativität fand sie eine Möglichkeit, sich auszudrü- cken. «Das Zeichnen ist mir gleichzei- tig Verarbeitung und Erholung und gibt mir tiefe Befriedigung», sagt sie. Schon als Kind war Anne Marie Schärer kreativ. Mit günstigen Mit- teln basteln, zeichnen und Dinge ver- schönern hatten einen hohen Wert in der Familie. Sie und ihre drei Ge- schwister wuchsen in bescheidenen Verhältnissen auf. Ihre Kindheit im Glarnerland war nicht eitel Sonnen- schein. Der Vater war psychisch krank, und das in einer Zeit, in der es noch kaum Psychopharmaka gab. Diese Situation prägte die Familie. «Kinder in schwierigen Situationen werden Beim Blättern: Anne Marie Schärer mit ihrem Buch mit den 100 Charakterköpfen von A wie Abscheu bis Z wie Zaudern. Fotos: Astrid Bossert Meier