KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2018

01 / 2018 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 37 Prinzip der Orthesentherapie Diese Therapie besteht in einer individuell angefertigten Orthese, die dem Schädel an den prominenten Stellen anliegt und die weniger prominenten Stellen deshalb frei wachsen lässt, da auch in Rückenlage nicht die Ab- flachung, sondern die prominenten Stellen dem Druck durch das Eigengewicht des Kopfes ausgesetzt sind ( Abbildung 2). Sie wird nach einer Angewöhnungszeit während 23 Stunden pro Tag getragen ( Abbildung 3) . Die Hauptprobleme bestehen in Druckstellen oder ge- ringeren Hautirritationen, das Gewicht der Orthese ist klein und stellt daher kaum ein Problem dar. Bei in der Mobilität eingeschränkten Kindern erlaubt die äusser- lich runde Orthese ein einfacheres Wenden des Kopfes. Die Kosten liegen in der Regel knapp unter CHF 2000.– und die Orthese stellt keine Pflichtleistung der Kranken- kasse dar. Eine individuelle Beteiligung an den Kosten ist je nach Krankenkasse jedoch möglich. Wann setzen wir Orthesen ein? In Übereinstimmung mit dem oben angegebenen Re- view [1] wird die Orthese eingesetzt bei LP, die unter konservativer Therapie in den ersten 4 Lebensmona- ten nicht bessern. (Zur konservativen Therapie vgl. den Artikel über «Natürliches Schädelwachstum…» in die- ser Ausgabe). Die Prophylaxe der LP ist entscheidend; entsprechend wird für die 1-Monats-Kontrolle von der schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie auch die «antizipatorische Beratung bezüglich Handling/Plagio- cephalie» empfohlen. Die Indikation für eine Orthesentherapie basiert ne- ben der motorischen Entwicklung des Kindes vor allem auf der Differenz der schrägen Schädel-Durchmes-ser: Diese Werte werden in der Literatur unterschiedlich an- gegeben, als tiefste Werte für eine Therapie 10 mm [4] bis 12 mm [5]. Diese Gruppe gibt das Alter für den Be- ginn der Orthesentherapie mit 6 Monaten an; es ist aber auch bekannt, dass bei früher Therapie der Effekt umso ausgeprägter ist [1], insbesondere bei gleichzeitiger Bewegungseinschränkung. Bei uns liegt der Beginn in der Regel zwischen 4 und 6 Monaten. Der Helm wird täglich während 23 Stunden getragen bis zur befriedigenden Korrektur (ideal beträgt die Dif- ferenz der schrägen Schädeldurchmesser unter 5 mm) oder bis er nicht mehr passt. Dies dauert in der Regel 3 bis 5 Monate. Nach dem Alter von 9 bis max. 12 Mo- naten wird allgemein die Schädelorthesentherapie nicht mehr empfohlen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Beratung der Eltern bezüglich Lagerung des Kindes möglichst früh stattfinden sollte, ideal vor dem Alter von 2 Monaten [6]. Die konservative Therapie (Positionierung und Stimulierung, Tummy Time im Wachzustand, Phy- siotherapie) sollte ausgeschöpft sein, bevor eine Helm- therapie empfohlen wird. Falls der Helm konsequent an- gewendet wird, ist die nicht randomisierte Evidenz gut genug, um eine Helmtherapie zu empfehlen. Auch ohne Helmtherapie korrigiert sich die Schädelasymmetrie im Spontanverlauf deutlich, wenn auch nach unserer Erfah- rung weniger ausgeprägt als mit der Orthese. ■ LITERATUR: [1] Flannery AM, Tamber MS, Mazzola C, et al.: Congress of neurolog- ical surgeons systematic review and evidence-based guidelines for the management of patients with positional plagiocephaly: execu- tive summary. Neurosurgery 2016; 79: 623–24. Guideline: https://www.cns.org/guidelines/guidelines-management- patients-positional-plagiocephaly/Chapter_5 [2] van Wijk RM, van Vlimmeren LA, Groothuis-Oudshoorn CG, van der Ploeg CP, Ijzerman MJ, Boere-Boonekamp MM: Helmet therapy in infants with positional skull deformation: randomised controlled tri- al. BMJ 2014; 348: g2741. [3] Steinberg JP, Rawlani R, Humphries LS, Rawlani V, Vicari FA: Effec- tiveness of conservative therapy and helmet therapy for positional cranial deformation. Plast Reconstr Surg 2015; 135: 833–42. [4] Se Yon Kim, Moon-Sung Park, Jeong-In Yang, Shin-Young Yim: Comparison of Helmet Therapy and Counter Positioning for Defor- mational Plagiocephaly. Ann Rehabil Med. 2013 Dec; 37(6): 785–795. [5] Linz C, Kunz F, Böhm H, Schweitzer T.: Positional Skull Deformities. Dtsch Arztebl Int. 2017 Aug 7;114(31-32):535–542. [6] Mawji A, Vollman AR, Fung T, Hatfield J, McNeil DA, Sauve R: Risk factors for positional plagiocephaly and appropriate time frames for prevention messaging. Paediatr Child Health 2014; 19: 423–7. Differenz Bis 1 cm Orthese nicht empfohlen 1 bis 1,5 cm Orthese bei zusätzlichen Risikofaktoren eventuell zu empfehlen >1,5 bis 2 cm Orthese eher empfohlen >2 cm Orthese empfohlen Abbildung 2: Schema Helm-Prinzip Abbildung 3: Kind mit Helm Bitte beachten Sie auch den folgenden Artikel zu diesem Thema: «Kopf- orthese – Therapie der Wahl bei Schädeldeformationen von Säuglingen?» im E-Paper dieser Ausgabe.

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