Zenit Nr. 4. November 2025

IM ZENIT lebe ich» «sexy» könne er nichts anfangen, schliesslich sei er nicht schuld daran, wenn so viele Ehemänner nicht mit ihren Frauen redeten. Seine Stimme sei im Übrigen nur so, wenn er entspannt sei. Deshalb bereitet er sich immer mit dem gleichen Ritual auf seine Sendung vor, indem er im Studio ein Nachttischlämpchen anzündet, seine zwei Stofftiere auf dem Pult platziert und selbst zur Ruhe kommt. «Die Stimme macht Stimmung», sagt er abschliessend. Wer eine Nachtsendung moderiert, kommt am Thema Träumen nicht vorbei. Für Ralph Wicki löst dieses Wort unterschiedliche Gefühle aus. «Als Kind wurde ich als Träumer bezeichnet, und das war damals negativ gemeint.» Als der Schulpsychologe seine Schulreife abklärte, meinte dieser, dass er zwar intelligent, aber noch zu verträumt sei. Je älter er wurde, desto mehr dachte er von sich selbst, dass er tatsächlich ein Träumer sei. Heute hilft ihm diese Eigenschaft, die harte Realität zu ertragen. Wenn er all den «Mist» sehe in der Weltpolitik – das ertrage er manchmal einfach nicht. «Dann schreit es in mir drin nach Träumen, um einen Ausgleich zu finden. Ich bezeichne mich als Tagträumer. Meine Partnerin sagt mir manchmal, ich solle nicht so auf etwas starren. Dabei war ich nur einen Moment weggetreten in irgendeinen Tagtraum», sagt der 64-Jährige. Ralph Wicki liebt die Welt der Träume, die er auch beim Musikhören erlebt. Oder in der Nacht, wenn die Hektik weg ist, wenn die News nicht mehr dauernd vor ihm herumflattern. Er als «News-Junkie» kann dann ruhiger werden und der Fantasie mehr Raum lassen. «Ich bin ein Sehnsüchtiger», gibt er zu. Flug-, Schiffshäfen oder Bahnhöfe lösen in ihm diese Gefühle aus, die er so mag. Die Reibung mit dem Ernst des Lebens, mit der Realität, begleitet ihn seit Kindesbeinen. Seine lange Rockermähne und die Tattoos sind kein Zufall, sondern Zeichen einer Rebellion, einer Nonkonformität. Der Ursprung liegt in Luzern, wo er in einem relativ konservativen Elternhaus aufwuchs. «Eine enge Welt, Stichwort: Was denken die anderen», bringt er es auf den Punkt. Schon früh tauchte am Mittagstisch die Frage auf, was aus ihm werden sollte. «Ich hörte Begriffe wie Beamter und Militär, und schon früh hatte ich das Gefühl, ausbrechen zu müssen. Bereits mit zwölf Jahren träumte ich davon, wie ein Nomade oder wie Robinson zu leben.» Heiraten und Kinder haben wollte er auch nie, dafür einen Jaguar fahren wie sein Nachbar, den er bewunderte. «Heute bin ich 64 und kinderlos, dafür fuhr ich 20 Jahre einen Jaguar.» Er überlegt und sagt schliesslich: «Ich habe immer von Freiheit geträumt. Als wäre ich ein Gefangener gewesen.» Die Schule hat in nie gross interessiert, dafür umso mehr das andere Geschlecht. Ralph Wicki erinnert sich an erste Ralph Wicki ist es wichtig, den Menschen am Radio auf Augenhöhe zu begegnen, sich Zeit für sie zu nehmen und ihnen aufmerksam zuzuhören. Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 5 auf Augenhöhe mit den Menschen zu reden, keine Fremdwörter zu verwenden. «Das Schlichte, Einfache, Nicht-Aufgesetzte ist es vielleicht und die Tatsache, dass ich keine Show mache und keine Dramaturgie habe.» Eigentlich sei es erschreckend, aber viele seien es nicht mehr gewohnt, dass ihnen jemand mal zehn Minuten zuhöre. «Obwohl ich ja von der Sendeleitung her nur fünf Minuten dürfte, aber ich überschreite diese Limite fast immer», sagt er und grinst. Auch heute noch staunt er darüber, wie viele sich dafür bedanken, dass er einfach nur offene Ohren für sie habe. Nebst seinem Talent fürs Zuhören und der Fähigkeit, auf Augenhöhe zu kommunizieren, ist es auch seine Stimme, die fasziniert. Beruhigend, wohltuend, empathisch, sogar betörend und sexy sei sie. «Ich höre mich nicht gerne, ja, ich hasse es, meine Stimme zu hören», sagt er. Und mit dem Prädikat «Ich bin ein Tagträumer und Sehnsüchtiger.»

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx