LEBENSTRÄUME Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 25 15 Zu wissen, wann es genug ist, ist für mich eine der grossen Herausforderungen. Was bei Ihren Erzählungen auffällt: Alle drei beschreiben sich als ausdauernd und beharrlich. Ist dieser Charakterzug typisch Häfliger? (Alle lachen). Antoinette: Vielleicht schon. Ich setze mir bis heute ein Tagesziel und spüre Erfüllung, wenn ich es erreiche. Dann kann ich die freie Zeit so richtig geniessen. Mein Mann sagt allerdings nicht, ich sei ausdauernd, sondern eher pedantisch. Vielleicht hat er ja ein bisschen recht. Othmar: Konsequenz ist wichtig, Sturheit weniger. In Geschäft und in Politik muss man offen bleiben. Aber manchmal braucht es einen Effort und Durchhaltewillen, damit etwas gelingt. Fabienne Häfliger, das Leben mal ganz leicht nehmen, aus dem Alltag ausbrechen und einen Traum leben. Ist das denkbar? Fabienne: Eine längere Reise in ein fernes Land würde mich reizen. Vor Studienbeginn war ich drei Monate in Frankreich und ganz auf mich selbst gestellt. Dass mir in Paris das Handy gestohlen wurde, war zwar nicht schön, aber lehrreich. Mal eine Auszeit zu nehmen, eine neue Kultur kennenzulernen, das wäre toll. Aber jetzt ist es noch zu früh. Und ganz sicher würde ich wieder zurückkommen. Othmar: Ich war nach der Technikerschule einige Monate allein in Amerika unterwegs. Für mich als Landei waren die Grossstädte ein Kulturschock. Doch diese Zeit hat mich geprägt und meinen Horizont erweitert. Ich wünsche Fabienne, dass sie auch solche Erfahrungen machen kann. Und welche Träume können im Alter von 86 in Erfüllung gehen? Antoinette: Gesundheit ist in meinem Alter ein grosser Wunsch. Schön wäre, nochmals die Oper in Verona zu besuchen. Doch mein Mann ist 93 und kann nicht mehr reisen. Die Träume werden immer etwas kleiner, das ist nicht einfach. Aber ich schätze, was möglich ist, und bin dankbar, dass ich jeden Tag aufstehen darf. Ich finde, ich hatte ein erfülltes Leben. Guter Beruf, erfolgreicher Politiker, glückliche Ehe, zwei erwachsene Kinder, Haus und Hund. Sind Othmar Häfligers Träume alle erfüllt? Othmar: Ich hatte Glück in Beruf und Familie. Aber Träume gibt es immer. Vielleicht lasse ich mich etwas früher pensionieren. Gemeinsam mit Kollegen unternehme ich ab und zu Hüttentouren. Denkbar, dass ich mal eine Saison auf einer SAC-Hütte arbeite. Und ich möchte vermehrt Skitouren unternehmen – dafür fehlte heute die Zeit. Fabienne Häfliger, wo sehen Sie sich im Alter Ihres Vaters? Fabienne: Im besten Fall bin ich dann noch immer Lehrerin. Eine Familie zu haben, wäre schön. In einem Haus zu leben, denkbar. Nur als Politikerin sehe ich mich überhaupt nicht. Und wie möchten Sie mit 86 auf Ihr Leben zurück- blicken? Fabienne: Ich möchte mit den Entscheidungen, die ich getroffen habe, gut leben können. Unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht waren. Beides gehört zum Leben. Und natürlich hoffe ich, dass ich mit 86 sagen kann, ich hatte ein erfülltes Leben – so wie meine Grossmutter. Die Gesprächsrunde Othmar Häfliger-Christen (58) wuchs in Fischbach auf, lebt seit vielen Jahren in Zell, ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Beruflich ist der Elektrotechniker HF als Elektroprojektierer bei Müller Martini tätig. Politisch engagiert er sich seit 2019 als Gemeinderat von Zell, seit 2024 als Gemeindepräsident. Neben Familie und Beruf findet er Ausgleich im Biken, Wandern, Skifahren und als Leiter im Skilager. Antoinette Häfliger-Arnet (86) stammt aus Gettnau. Sie heiratete einen Fischbacher Landwirt und bewirtschaftete mit ihm einen Hof, auf dem sie bis heute mitarbeitet. Drei Söhne und zwei Enkelkinder gehören zur Familie. Sie pflegt einen grossen Garten und kocht noch immer für fünf Personen. Antoinette Häfliger war Präsidentin der Frauen- gemeinschaft und Präsidentin des Kirchenchors. Heute ist sie das älteste aktive Mitglied des Frauenturnvereins Fischbach, sie singt noch immer im Kirchenchor und engagiert sich als Lektorin. Fabienne Häfliger (25) ist in Zell aufgewachsen, wo sie auch heute mit ihrem Partner lebt. Sie studierte an der Pädagogischen Hochschule Luzern und unterrichtet seit 2022 als Lehrperson Basisstufe in Fischbach. Ihre Freizeit verbringt sie gerne mit Freundinnen, mit der Familie oder musizierend: In der Guuggenmusig Fröschlochruuger spielt sie Trompete und engagiert sich im Vorstand.
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