Zenit Nr. 4. November 2024

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 24 29 Sie sind seit Anfang Jahr Stiftungsratspräsident von Pro Senectute Kanton Luzern. Bei der Anfrage für das Interview sagten Sie, dass Sie keinen Small Talk rund um Ihr Amt betreiben möchten. Weshalb? Ich habe bei Pro Senectute Kanton Luzern eine gut funktionierende Organisation angetroffen, die unglaublich viele Angebote hat. Ich staune immer wieder, was wir alles machen. Seit meinem Rücktritt als Regierungsrat vor einem Jahr war ich sehr still und habe mich politisch nicht mehr geäussert. Wenn ich höre, dass der Kanton Luzern nächstes Jahr mit viel höheren Steuereinnahmen rechnet, muss die ältere Bevölkerung auch etwas von dieser Prosperität haben. Die Senioren und Seniorinnen von heute haben mit ihrem Wirken die Basis dafür gelegt. Politisch gesehen muss sich in Sachen Alter einiges ändern. Es braucht eine stärkere Lobby – und darüber möchte ich sprechen. Woran denken Sie konkret? Ich möchte das Älterwerden und das hohe Alter positiver besetzen und vom defizitorientierten Altersbild wegkommen. Im Alter hat man mehr Zeit zur Verfügung, ist reich an ErfahrunStärkere Lobby für das Alter Seit Anfang des Jahres ist Guido Graf als Stiftungsrat für Pro Senectute Kanton Luzern im Amt. Das Politikerherz des ehemaligen Luzerner Regierungsrats schlägt nach wie vor, weshalb er sich explizit für die älteren Menschen einsetzen möchte. Im Interview verrät er, wo er Handlungsbedarf sieht. PRO SENECTUTE Foto: zVg gen und kann gelassener reagieren. In dem Bereich gibt es viele ungenutz- te Ressourcen, weil ältere Menschen oft weiterhin in kleineren Pensen arbei- ten möchten und könnten – aber nicht mehr in den Arbeitsmarkt eingebun- den werden. Da möchte ich ansetzen. Wenn wir das Alter ausschliesslich positiv besetzen möchten, tönt es aber fast so, als wollten Sie die Augen vor den Herausforderungen verschliessen. Nein, wir dürfen kein Auge zu- drücken. (Lacht) Im Gegenteil. Wir müssen Lösungen entwickeln. Was ich damit sagen wollte: Älterwerden bietet auch Ressourcen. Ein gutes Beispiel ist unser Projekt «Seniorinnen und Senioren im Klassenzimmer». Über drei Generationen hinweg begegnen sich darin Menschen, um von- und miteinander zu lernen – ein Gewinn für alle Beteiligten. Bis 2035 leben im Kanton Luzern 54 % mehr über 80-Jährige als heute. Wir werden eine grau- haarige Gesellschaft. Was bedeutet das für Pro Senectute? Das ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Wie gesagt: Das Älterwerden muss positiv besetzt werden. Die demografische Entwicklung verbinden viele Menschen mit Kosten – höhere Kosten für die Gesundheit, für die Pflege und so weiter. Der höhere Anteil an älteren Menschen bedeutet für die Schweiz aber auch eine Chance. Wir müssen sie aber jetzt packen und die ältere Bevölkerung miteinbeziehen. Auch mit der 13. AHV-Rente werden viele Seniorinnen und Senioren auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein. Immer wie- der erleben wir aber, dass ältere Menschen aus verschiedensten Gründen keine EL beantragen. Wir sind zu kompliziert unterwegs, wenn jemand Ergänzungsleistungen benötigt. Das Beantragen müsste massiv vereinfacht werden. Ich höre im Zusammenhang mit den Ergänzungs- leistungen immer: Eine direkte Infor- mation von der AHV-Stelle geht wegen des Datenschutzes nicht. Wenn wir mit den Daten helfen können, sollte der Datenschutz aber nicht im Weg stehen. Die wachsende Bevölkerung hat auch Auswirkungen auf die Betreuungsangebote. Ich bin klar für ambulant vor stationär. Ich möchte auch möglichst lange zuhause leben. Auch hier müssen wir Wege finden, mehr in Gemeinschaft zu leben, indem wir zum Beispiel die Nachbarschaftshilfe fördern. Wir haben verschiedene Themen angesprochen, die Ihnen am Herzen liegen. Wie wollen Sie es konkret angehen, damit das Ansehen der älteren Bevölkerung gestärkt wird? Wir werden als Pro Senectute weiter- hin und wo immer möglich das Alter positiv darstellen. Zudem möchte ich, dass wir zusammen mit unserem Netzwerk Ideen entwickeln, wie wir künftig unser gemeinschaftliches Zusammenleben stärken können. INTERVIEW: ANDREA HURSCHLER Der ehemalige Luzerner Regierungsrat Guido Graf ist Stiftungsratspräsident von Pro Senectute Kanton Luzern. Der 66-jährige Pfaffnauer trat das Ehrenamt am 1. Januar 2024 an.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx