Zenit Nr. 4. November 2024

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 24 25 gen. Auf Anfrage zeigen Simon und Regula Fankhauser dieses Versteck im Doppelboden ihres währschaften Bauernhauses (www.taeuferversteck.ch). Ab 1520 verwaltete die Familie May das Ruedertal im Auftrag Berns. Den vielen Glaubensflüchtlingen in «Steckhöfen» nach zu schliessen, scheint die Herrschaft grosszügig gewesen zu sein. Vor allem Carl Friedrich Rudolf May von Rued (1768 –1845) soll sehr gut für seine Untertanen gesorgt haben und 1816 – im Jahr ohne Sonne – «sein» Volk mit Nahrungsvorräten beschenkt haben, während anderswo grosse Hungersnot herrschte. Der Sommer 1816 war wohl der kälteste und einer der nassesten, den die Schweiz in den letzten Jahrhunderten erlebt hat. Im Juli regnete es in Aarau an 28 Tagen und Anfang August musste man heizen. Die Landwirtschaft soll für Carl May «das Edelste» gewesen sein. Die Industrialisierung fand hier keinen Platz, ausser etwas Heimarbeit im Textil- und Strohhutgewerbe. Hungerland Schwerer als im Jahr 1816 traf der Hunger das Ruedertal im Jahr 1854/55. Da stahlen Väter Kartoffeln, damit ihre Familien nicht verhungerten, und Mütter schickten ihre Kinder auf Betteltouren bis nach Basel statt in die Schule. Schuld am Elend waren neben den sich seit 1845 wiederholenden Missernten vor allem die jämmer- lichen Löhne: Ein erfahrener Heimweber verdiente Ende Juli 1854 «bei grösstem Fleisse» 4.30 Franken pro Woche. Ein Kilogramm Brot kostete 42 Rappen. Es gab keine Sozialfürsorge. Wer konnte, wanderte aus in die USA oder nach Süddeutschland. In den Quellen erscheint Pfarrer Johann Georg Welti, der die Armut als «selbstverschuldet» und «gottgewollt» taxierte. Er sah nichts Schockierendes darin, Fotos: Wikipedia, Google Bild, zVg wenn die Armen im Frühling kaum etwas zu essen hatten ausser Wildkräuter. Seinen moralischen Ansprüchen hielten nur jene stand, «die noch arbeiten, leiden und dulden, ohne die ganze Welt mit Klagegeschrei zu erfüllen». Für das Betteln der Armen hatte der «gnädige Herr» kein Verständnis. (Ursula Maurer, Hungerland, Baden 2019, siehe Box linke Seite). Das Schloss Rued heute Von 2015 bis 2018 wurde das Herrschaftshaus zu einem Resort umgebaut. «Resort» ist eine für das Seminarzentrum durchaus berechtigte Umschreibung, gehören doch nebst dem Schloss das Knappen- und Waschhaus mit den Hotelzimmern, das Tanzhüsli und der Gasthof Storchen mit eigener Bierbrauerei dazu. Das ruhige Tal hat damit den Schritt in die Moderne gemacht und ist doch beschaulich geblieben mit einer grossen Lebensqualität – so etwas wie eine «heile Welt». Der Aargauer Bäcker Heinrich Maurer aus Schmiedrued heiratete um 1850 die Willis- auerin Anna Peyer und liess sich in Willisau nieder. Dort nannte man ihn den «Berner Beck», weil die Willisauer damals das Ruedertal immer noch als «bernisch» taxierten. Annas Cousine Martha und spätere zweite Ehefrau Maurers arbeitete zu dieser Zeit als Hausdame auf Schloss Heidegg, wo sie das Hausrezept der Ringli kennenlernte. Maurer übernahm das Rezept von Martha und begann mit der Herstellung der Ringli, bis heute ein Erfolgsgebäck, das nur in Willisau hergestellt werden darf. Schloss Rued, Sitz der Berner Patrizierfamilie May von 1520 bis 1861. Willisauer Ringli

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