Zenit Nr. 4, November 2021

Pro Senectute Kanton Luzern 4 | 21 17 WOHNEN IM ALTER Urs Brunner, 66, ehemaliger Heimleiter des Regionalen Alters- und Pflegezentrums Feld- heim, Reiden, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Wohnen im Alter. Das hat auch sein privates Leben geprägt. Als er vor dreissig Jahren in der Nähe des Arbeitsortes ein Eigenheimmit 5½ Zimmern baute, dachte er damals schon ans Alter. Das Erdgeschoss wurde ohne Schwellen innen und nach draussen, mit genügend breiten Türen und einem zusätzlichen Zimmer so ausgerichtet, dass auch in einem Rollstuhl das Wohnen möglich wäre. Viele Jahre nutzte er das Haus mit seiner Frau Agnes und den beiden Töchtern. Seit deren Auszug beschäftigt sich das Paar mit dem Wohnen in Zukunft. Vor Kurzem pensioniert, möchten sie Haus und Garten in den nächsten Jahren weiterhin selber bewohnen. Seit einem guten Jahr wird es neu belebt durch den Enkel, den sie regelmässig zweimal pro Woche hüten. «Da ist die Umgebung Gold wert», freut sich Urs Brunner. Falls allerdings eine der Töchter Interesse zeigen würde, das Haus für die eigene Familie zu nutzen, würden sie es zu gegebener Zeit weiter- geben und in eine Wohnung ziehen. «Es gibt gottlob in unserer Gemeinde genug Möglichkeiten.» Gibt es einen richtigen Zeitpunkt für einen Wechsel der Wohnsituation im Alter? Gemäss dem ehemaligen Heim- leiter ist dies sehr individuell und abhängig von der Wohnsituation, der physischen und psychischen Gesund- heit. Aus seiner langjährigen Berufserfahrung weiss er, dass die meisten Menschen ihr Zuhause erst aufgeben, wenn es wirklich nicht mehr geht. «Jeder Mensch hat eine Trägheit in sich. Viele sagen ‹Es geht ja noch› und halten am Bestehenden fest. Zudem ist jeder Wohnungswechsel mit viel zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden.» Deshalb wünscht er, dass die Thematik in den Familien diskutiert wird und die Angehörigen ihre betagten Eltern und Verwandten mit ihrer Unterstützung bei den Abklä- rungen und Anmeldungen zumHandeln motivieren. Grosser Bedarf an Wohnungen mit Dienstleistungen Aus persönlichem Interesse und als Vorstandsmitglied der 2005 gegründeten Baugenossenschaft WIA (Wohnen im Alter) in Reiden beschäftigt sich Urs Brunner weiterhin mit demWohnen imAlter. «Das hindernisfreie Bauen hat in der Schweiz auch dank der Gesetzgebung einen hohen Stan- dard erreicht, was auch den älterenMenschen zugutekommt. Es braucht für Alleinstehende und Paare im dritten und vierten Lebensabschnitt ein breites Angebot an Wohnfor- men, damit sie möglichst frei und individuell entscheiden können.» Gemäss seinen Erfahrungen entsprechen die Alterswohnungen mit Dienstleistungen der WIA einem grossen Bedürfnis. Die ersten beiden Häuser sind neben dem Alterszentrum ideal positioniert. Die Bewohnerinnen und Bewohner, meist im Alter zwischen 80 und 85 Jahren, schätzen es, weiterhin selbstständig leben zu können. Der Notruf gewährt ihnen Sicherheit. Sie können bei Bedarf im Alterszentrum essen und weitere Dienstleistungen beziehen. Wird bei einem Ehepaar ein Teil pflegebedürftig und muss ins Heim ziehen, können die in der Nähe wohnenden Partner auch weiterhin den Alltag teilweise gemeinsam erleben. Die 31 2½- und 3½-Zimmer-Woh- nungen füllten sich schnell. Bald sind auch zwei weitere Wohnhäuser mit 28 Wohnungen und einem Gemein- schaftsraum bezugsbereit. Urs Brunner wünscht sich, dass die Gemeinden ver- mehrt Projekte mit Alterswohnungen mit Dienstleistungen unterstützen und im öffentlichen Raum entsprechende Zonen für bezahlbare Wohnungen fürs Alter und für Fami- lien schaffen, und meint: «Diese Bauten sollten wohlüber- legt in der Nähe der Versorgung durch Geschäfte für den täglichen Bedarf und von Versorgungseinheiten (Heime, Spitex, Arztpraxen) geplant werden.» Das Haus fürs Alter eingerichtet

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