Zenit Nr. 3. September 2025

Pro Senectute Kanton Luzern 3 | 25 15 PALLIATIVE CARE ungsschichten ab, so gut es in ihrer individuellen Situation möglich war. Irène Elmiger war fast täglich beim Vater, spritzte schmerzlindernde Medikamente und organisierte Nachtwachen, wenn niemand von der Familie bei ihm bleiben konnte. Die Spitex kam ein bis zwei Mal täglich. Auch sein Hausarzt schaute mehrmals pro Woche vorbei. «In dieser Phase war ich am Limit, vielleicht auch über dem Limit», sagt die Tochter. Manchmal sei sie nach den Besuchen im Auto in Tränen ausgebrochen. Obwohl der Vater zu Hause sterben wollte, klärte sie einen Hospizplatz ab. Dazu kam es jedoch nicht. Als Irène Elmiger wenig später eine Nacht nicht wie geplant beim Vater verbringen konnte, wollte er keine andere Begleitung. «Heute muss niemand schauen.» Irène Elmigers Bruder wohnte im gleichen Haus. Als er morgens um zwei Uhr nach ihm sah, war Karl Rölli verstorben. «Das entsprach seiner Art», sagt Irène Elmiger. «Heute bin ich sicher, dass er alleine gehen wollte.» Haben wir uns zu viel zugemutet? Ein Jahr später sind die Erinnerungen noch immer lebendig – an schöne wie an schwere Momente. «Wir haben vieles gut gemacht», bilanziert Irène Elmiger. «Alle vier Geschwister haben beigetragen, was für sie möglich war.» Was Irène Elmiger nicht ausspricht: Sie selber übernahm den grössten Teil, koordinierte Einsätze und Pflege. Die 56-Jährige ist eine positive und energievolle Frau. Doch in dieser Ausnahmesituation war sie dankbar dafür, auf ein stabiles Fundament setzen zu können. Bei ihrem Mann und ihren drei erwachsenen Kindern schöpfte sie immer wieder neue Kraft. Und doch, manches würde sie heute anders machen. Am Ende sei die Belastung so hoch gewesen, dass sie auszubrennen drohte. «Ich habe über meine Verhältnisse gegeben und während dieser Zeit auch einige Freundschaften vernachlässigt», sagt sie. Rückblickend wäre eine Pflegeeinrichtung entlastend gewesen – auch wenn es dem Willen des Vaters widersprochen hätte. Hadern mag sie denDie aufgehende Sonne beleuchtet die geliebten Geranien des Vaters. Am Morgen seines Todestages nahm Irène Elmiger dieses Foto aus der elterlichen Wohnung auf.

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