Zenit Nr. 2, Juni 2022

16 Pro Senectute Kanton Luzern 2 | 22 Hermann Morf, Katharina Huter und Armin Ritter können sich ein Leben ohne Freiwilligenarbeit nicht vorstellen. Sie haben Zenit-Redaktor Robert Bossart erzählt, weshalb sie sich für andere engagieren und inwiefern sie selber davon profitieren. BILDER: ROBERT BOSSART Anderen zu helfen, bereichert das Leben «Ich hatte mich ans Ausschlafen gewöhnt» HERMANN MORF, 76, WILLISAU Eigentlich würde Hermann Morf gerne seine Briefmarkensammlung in Schuss bringen. Aber dafür fehlt ihm die Zeit. Zehn Jahre hat er sich bei «Tischlein deck dich» engagiert, zudem ist er als Präsident der reformierten Kirche Willisau-Hüswil ein gefragter Mann. Es gebe immer was zu tun, meint der 76-Jährige. Kaum begann der Ruhestand, ging es los. «Die Anfrage vor gut zehn Jahren, in Willisau eine Abgabestelle von Tischlein deck dich zu eröffnen, gelangte an die reformierte Kirche, weil wir die passenden Räumlichkeiten dafür hatten», erinnert sich Hermann Morf. Und da er damals im Vorstand und zudem frisch pensioniert war, blieb das Ganze an ihm hängen. «Ich habe mich nicht aufgedrängt, aber ich wollte gern noch etwas Nützliches machen. Meine Frau hätte es sowieso nicht ausgehalten mit mir zu Hause.» Er lacht verschmitzt. «Und so hiess es: Hermann, das kannst du gleich mal leiten.» Von nun an jeden Donnerstagvormittag präsent sein zu müssen – diese Vorstellung machte ihm am Anfang Mühe. Er freute sich, als Pensionär frei über seine Zeit verfügen zu können. «Ich hatte mich bereits ans Ausschlafen gewöhnt. Ich bin eher der Typ Siebenschläfer», sagt er. Aber er habe sich auf die Aufgabe gefreut. Morgens um Viertel vor acht ging es los, zusammen mit Helfern stellte er die Stühle und Tische auf. Schliesslich verteilten sie die Nahrungsmittel an die Anwesenden. Dankbarkeit und Zufriedenheit Die Menschen, die kamen, sind Bedürftige, Armutsbetroffene, viele davon Sozialhilfebezüger. «Am Anfang waren es vielleicht 20 Personen mit ihren Kundenkarten, dann kamen immer mehr, manchmal sind es über 50. Dies entspricht einer Gesamtpersonenzahl von gegen 170.» Wie war der Kontakt zu diesen Menschen? Hermann Morf überlegt. «Jedesmal, auch wenn ich mit dem linken Bein aufgestanden bin, ging ich nach diesen Tagen fröhlich und zufrieden nach Hause.» Die Dankbarkeit, die zufriedenen Blicke haben ihm gezeigt, dass seine Arbeit geschätzt wird. «Immer, wenn ich durch das Städtchen laufe, winkt mir irgendwer zu, das macht Freude.» Vor etwa acht oder neun Jahren wurde dann auch noch das «Café International» gegründet. Ein Ort, an dem sich Migrantinnen und Migranten treffen und austauschen können, wo sie nützliche Information etwa über Deutschkurse, Wohnungs- oder Jobangebote erhalten. Da es am Donnerstagnachmittag stattfindet, konnte Hermann Morf nach getaner Arbeit bei Tischlein deck dich gleich auch noch im Café mithelfen. «Viele hatten mich schon vormittags gesehen, so komme ich meist gut ins Gespräch.» Noch heute ist der Pensionär regelmässig im Café anzutreffen. Die soziale Ader kommt nicht von ungefähr. Als Berufsfachschullehrer

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