BERUFSPOLITIK 03 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 54 Volksabstimmung und der konkreten Umsetzung vergehen nicht nur Jahre – es findet auch eine schrittweise Verwässerung des ursprünglichen Anliegens statt. Die tabaknahe Lobby hat in den parlamentarischen Beratungen grossen Einfluss genommen. Immerhin: Das Verbot der Einweg-E-Zigaretten (sog. «Vapes») hat es über die Ziellinie geschafft; ernüchternd dabei: Es erfolgte nicht aus Jugendschutzgründen, sondern vor allem wegen umweltpolitischer Bedenken. mfe hat sich über die gesamte Laufzeit des Gesetzgebungsprozesses gemeinsam mit Allianzpartner:innen für eine konsequente Umsetzung eingesetzt und wird auch die letzten Schritte kritisch begleiten. Ausblick – Politische Weichenstellungen mit Langzeitwirkung Neben TARDOC und dem Jugendschutz stehen in den kommenden Monaten weitere wichtige gesundheitspolitische Themen auf der Agenda: Einheitliche Finanzierung ambulant/stationär (EFAS): Die Einführung von EFAS ist ein Paradigmenwechsel im Schweizer Gesundheitssystem. Ziel ist es, Fehlanreize zu reduzieren und eine bedarfsgerechte, koordinierte Versorgung zu fördern. mfe unterstützt EFAS in der Grundidee. Die neue Aufgabenteilung zwischen Kantonen und Krankenkassen birgt viele Chancen, aber auch Risiken. mfe ist am Ball. Ausbau der Studienplätze & Masterplan Nachwuchs: Ohne substanzielle Investitionen in Ausbildungsplätze wird sich die Versorgungslage insbesondere im ländlichen Raum weiter zuspitzen. Der Ausbau von Studienplätzen und die Abschaffung des numerus clausus sind vielerorts beschlossen. Jetzt gilt es sicherzustellen, dass auch wirklich mehr junge Kolleg:innen den Weg in die Grundversorgung finden. Hier sind die Rahmenbedingungen in der Weiterbildung und in der Grundversorgerpraxis absolut zentral und müssen weiter verbessert werden. Entlastungspaket 2027: Der kostenzentrierte Blick auf die Gesundheitsversorgung hält leider an. Hier gilt es die Lobbyarbeit weiter zu pflegen mit dem Ziel, das System in eine neue Richtung zu lenken. Fazit Die gesundheitspolitischen Entwicklungen der kommenden Monate werden für die ambulante Versorgung in der Schweiz entscheidend sein. TARDOC, EFAS, Nachwuchsförderung und Präventionspolitik sind eng miteinander verwoben. mfe bringt sich auf allen Ebenen ein – sei es in Verhandlungen, durch Analysen oder durch gezielte politische Arbeit. ■ Noch nicht Mitglied? hausaerzteschweiz.ch/ mitglieder/mitglied-werden TARDOC: Umsetzung, Herausforderungen und Chancen Der neue Arzttarif TARDOC steht kurz vor der Einführung – ein Meilenstein in der Tarif-Landschaft der Schweiz. Für die ambulante Grundversorgung, insbesondere für Haus- und Kinderärzt:innen, bringt TARDOC sowohl Potenziale als auch Herausforderungen. mfe wird ab Herbst strukturierte Kurse anbieten, um eine fundierte Einführung und praxisnahe Anwendung des neuen Tarifs zu ermöglichen. Diese Schulungen richten sich spezifisch an uns Grundversorgende. Die Kurse sind für mfe-Mitglieder gratis. Ein aktuelles Thema im Zusammenhang mit TARDOC ist die Besitzstandswahrung. Diese betrifft vor allem Ärzt:innen, die bereits unter dem TARMED Besitzstände verrechnet haben. Für die Pädiatrie ist dieses Thema meist untergeordneter Bedeutung, da wir schon jetzt kaum Besitzstände hatten. mfe ist am Thema dran und wird hierzu gezielt Informationen zur Verfügung stellen. Ein kritischer Punkt ist die Evaluation der tariflichen Auswirkungen, konkret für uns in der kinderärztlichen Praxis. Ursprünglich hatte die FMH angekündigt, die praktischen Folgen der TARDOC-Einführung systematisch zu untersuchen. Aktuelle Signale deuten jedoch darauf hin, dass diese Analyse nicht wie geplant umgesetzt werden kann. mfe arbeitet deshalb an einer eigenen Datenerhebung, um damit eine belastbare Grundlage zu schaffen, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu adressieren. Eine weitere Herausforderung ist die Tatsache, dass noch vor der Einführung von TARDOC bereits Tarifpflege und -korrekturen beginnen müssen. Dies um Lücken und Unschärfen zeitnah zu korrigieren. Die Kostenneutralität wird ein zentrales Thema sein – insbesondere vor dem Hintergrund, dass unterschiedliche Akteure innerhalb der Ärzt:innenschaft sehr unterschiedliche Interessen verfolgen. mfe setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass die dringend nötige und beabsichtigte tarifarische Besserstellung schlussendlich auch bei uns ankommt. Die Zeichen aus Politik, OAAT und prio.swiss sind hierfür positiv; noch ist aber unklar, was wie schnell für uns spürbar werden wird. Die Zukunft wird erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen beanspruchen, um unsere Interessen weiterhin wirksam zu vertreten. Wie aktuell im Rahmen des spannenden mfe-Podiums am KHM-Kongress mit Vertreter:innen aus der Grundversorgung und der Direktorin von prio.swiss Saskia Schenker. Kinder ohne Tabak – Von der Abstimmung bis zur Umsetzung: Ein langer Weg Die Umsetzung der Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» befindet sich auf der Zielgeraden. Die Initiative wurde 2022 von der Schweizer Stimmbevölkerung klar angenommen. Ziel war es, Kinder und Jugendliche besser vor Tabakwerbung zu schützen. Doch der politische Prozess seither zeigt deutlich: Zwischen einer gewonnenen DR. MED. STEFAN ROTH VORSTANDSMITGLIED MFE, ZUSTÄNDIGKEIT PÄDIATRIE, VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: stefan.roth@ hausaerzteschweiz.ch DR. MED. DANIELA BERGER VORSTANDSMITGLIED MFE, ZUSTÄNDIGKEIT TARIFE UND PÄDIATRIE, ZÜRICH Korrespondenzadresse: daniela.berger@ hausaerzteschweiz.ch Foto: Stefan Roth
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