KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2025

03 / 2025 THEMENHEFTTEIL: 30 JAHRE KIS KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 21 turierten Ansatz. Im Rahmen des Innosuisse-FlagshipProjekts SHIFT Smart Hospital (www.future.hospital) entwickelten wir in einem Konsortium aus fünf Hochschulen, 24 Industriepartnern und 20 Spitälern einen Transformationsplan für den Wandel zu einer smarten Organisation. Eine zentrale Erkenntnis daraus ist die Nützlichkeit der MTDO-Logik, die für Mensch, Technik & Daten und Organisation steht. Nur wer alle vier Dimensionen gleichzeitig berücksichtigt, wird eine erfolgreiche Digitalisierung erreichen, so unsere These. Ein Beispiel: Eine pädiatrische Praxis hat den Aufwand hinter der Dokumentation als grossen «Pain Point» identifiziert und wünscht sich Unterstützung durch KI. Der erste Gedanke gilt dabei oft der Technik und den Daten. Hier liegt bereits Frustpotenzial, denn die Vielzahl an Produkten und regulatorischen Vorgaben kann schnell abschreckend wirken. In diesem Fall lohnt sich Unterstützung durch externe Partner:innen, die den Kontakt zu Technologieanbietenden, Start-ups und Berater:innen vermitteln können. Bei der Auswahl einer Lösung muss zwingend die Integration in den Organisationsalltag berücksichtigt werden. Wenn sich neue Technologien nicht nahtlos in bestehende Abläufe einfügen, sind sie zum Scheitern verurteilt. Zu oft wird der Faktor operative Prozesse unterschätzt – ein häufiger Stolperstein bei Digitalisierungsprojekten. Beispiel: Die erwähnte Dokumentationssoftware könnte schon daran scheitern, dass Nutzer:innen zwei Fenster parallel öffnen und den KI-generierten Text manuell kopieren müssen. Obwohl es nur wenige Klicks sind, könnte dieser Workflow als zu umständlich empfunden und deswegen von den Mitarbeitenden komplett abgelehnt werden. Die Rolle der Führungskräfte Und schliesslich – wie bereits betont – ist der wichtigste Faktor der Mensch. Hier sind die leitenden Pädiater:innen selbst gefragt. Die Verantwortung für die digitale Transformation der eigenen Praxis lässt sich nicht delegieren – sie bleibt Chefsache. Führungspersonen müssen für sich klären, warum sie eine Digitalisierung anstreben. Ebenso liegt es an ihnen, Prioritäten zu setzen – denn es ist nicht ratsam, alle Prozesse gleichzeitig verändern zu wollen. Entscheidend ist auch die Motivation der Mitarbeitenden. Doch warme Worte allein reichen nicht – Führungskräfte müssen angestrebte Veränderungen, in diesem Fall die Digitalisierung, aktiv vorleben. Diese Erkenntnis ist nicht neu: Sie findet sich bereits in Führungsbüchern der 1950er-Jahre. Dennoch ist sie leider bis heute nicht selbstverständlich. Fazit: Ganzheitlich denken und handeln Schlussendlich lässt sich festhalten: Digitalisierungsvorhaben sind viel mehr als nur IT-Projekte. Wer die digitalen Vorteile nutzen will, muss auch den Menschen, die Organisation, die Technologie und die Daten gleichzeitig mitdenken. Pädiater:innen, die das aktiv beherzigen, werden zu den Gewinner:innen des digitalen Wandels gehören. So wie die Kartoffel sich in allen Küchen durchgesetzt hat und andere Lebensmittel ergänzt, wird sich auch die Digitalisierung in der Pädiatrie durchsetzen. Davon sind wir im SHIFT-Projekt fest überzeugt. ■ ANMERKUNG 1 Der Begriff «digitale Lösungsgruppen» bezeichnet übergeordnete Kategorien von digitalen Technologien oder Anwendungen, die funktional oder thematisch verwandt sind und gemeinsam einen bestimmten Aspekt der Gesundheitsversorgung verbessern. Alfred Angerer, Sina Berger, Lukas Kurpat, Luana Rast – Der konkrete Nutzen von Digital-Health- Lösungen in der Schweiz, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, 2024 forumgesundheitschweiz.ch/ wp-content/uploads/ ZHAW_Nutzen-von- Digital-Health-Loesungen_ 2024_DE.pdf Niedrig Mittel Hoch Niedrig Hoch Mittel A eCare B eAdministration A1 Robotergestützte chirurgische Eingriffe A2 Telemedizinische Gesundheitsversorgung A3 Smart-Health-Identifkations- und Sicher- heitstechnologien A4 Digital gestützte Diagnostik A5 Digital gestützte Therapie A6 Ambulante Versorgung im häuslichen Umfeld A7 Personalisierte Medizin A8 Pflegeunterstützung B1 Digitale Prozessoptimierung von Managementprozessen B2 Elektronische Medikation B3 Elektronisches Patientendossier (EPD) B4 Dokumentationsunterstützung C ePrävention C1 Telemedizinische Gesundheitsberatung C2 Altersspezifische Assistenztechnologien/ -systeme C3 Digitales Selbstmonitoring/personalisiertes Gesundheitsmonitoring C4 VR-/AR-Anwendungen D eResearch D1 Datengestützte Therapieinnovation und -forschung D2 Pharmazeutische Forschung E eLearning E1 E-Lernplattformen und virtuelle Kommunikati- onsformen für med. Aus- und Weiterbildung E2 VR/AR für die Aus- und Weiterbildung oder immersive Aus- und Weiterbildungstechnologie E3 Lehrsimulationen Top 6 Medizinisches Outcome + Erlebnis oder Erleichterung NUTZEN Technologie Akzeptanz (Können) (Wollen) (Dürfen) MACHBARKEIT Gesetz + + Illustration: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW

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