KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2025

03 / 2025 THEMENHEFTTEIL: 30 JAHRE KIS KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 17 DR. MED. YVONNE GILLI FACHÄRZTIN FÜR ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN, PRÄSIDENTIN FMH, WIL Korrespondenzadresse: kommunikation@fmh.ch Entwicklungen der Pädiatrie Rückblick und Ausblick der FMH-Präsidentin bzw. 20% der Bevölkerung aus. Als die «KIS NEWS» im Jahr 1995 zum ersten Mal erschienen, waren es noch knapp 18% bzw. 23%.1 …aber ungebrochenes Interesse an der Pädiatrie Auch wenn der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Bevölkerung langfristig zurückgegangen ist, ist das Interesse an der Pädiatrie doch ungebrochen. In den letzten 20 Jahren wurden durchschnittlich pro Jahr 91 eidgenössische Facharzttitel in Kinder- und Jugendmedizin vergeben, mit einem Minimum von 63 Titeln im Jahr 2008 und einem (vorläufigen) Maximum von 117 Titeln im Jahr 2023 (siehe blaue Säulen in Abbildung 1).2 Diese in der Schweiz erlangten eidgenössischen pädiatrischen Facharzttitel weisen eine steigende Tendenz auf – und es ist zu vermuten, dass sich dieser Anstieg angesichts der letzten Aufstockungen der Medizinstudienplätze weiter fortsetzen wird. Pädiatrie ist einer der beliebtesten Facharzttitel Betrachtet man die vom BAG regelmässig publizierten Top 10 der in der Schweiz erteilten eidgenössischen Weiterbildungstitel, findet sich die Kinder- und Jugendmedizin immer darunter.3 Meistens findet man die Pädiatrie sogar in den Top 4, wo sie nach der stark dominierenden Allgemeinen Inneren Medizin in wechselnder Rangfolge mit dem Praktischen Arzt und der Psychiatrie, manchmal auch der Anästhesie um die oberen Ränge der häufigsten eidgenössischen Weiterbildungstitel konkurriert. Über die letzten 20 Jahre hinweg entfielen durchschnittlich etwa 6% der erteilten eidgenössischen Facharzttitel auf die Pädiatrie (siehe blaue Linie in Abbildung 2).2 Dabei gibt es zwar immer mal wieder Schwankungen nach unten und oben – insgesamt erweist sich aber langfristig das Interesse an der Pädiatrie als gleichmässig hoch. Hoher Frauenanteil nimmt weiter zu Bei den eidgenössischen Weiterbildungstiteln in Pädiatrie fallen zudem zwei Besonderheiten ins Auge: Erstens sind die angehenden Kinderärzt:innen beim Titelerhalt mit durchschnittlich 34 oder 35 Jahren eher jünger als die Fachärzt:innen anderer Disziplinen.2,3 Zweitens zeigt sich, dass der Anteil der Frauen, der in der Pädiatrie seit jeher hoch war, auch weiterhin deutlich zunimmt. Der Frauenanteil unter den erteilten eidgenössischen pädiatrischen Weiterbildungstiteln lag in der ersten Dekade seit dem Jahr 2000 bei etwa 66%, in der zweiten Dekade zwischen 2010 und 2019 lag er bereits bei etwa 77% und in den Jahren seit dem Jahr 2020 nun bei 83%.2 «Die Hand an der Wiege bewegt die Welt» lautet ein alter Spruch, der traditionell die grosse Bedeutung der Mütter für die Entwicklung der nächsten Generation hervorhebt. Aber auch heute, wo sich Familienbilder und das Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen stark gewandelt haben, liegt noch viel Wahres in dieser Beschreibung, betont sie doch die grosse Bedeutung derjenigen, die junge Menschen in der ersten Phase ihres Lebens begleiten. Pädiater:innen geniessen insofern ein besonderes Privileg, wenn sie Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Entwicklungsphasen zur Seite stehen dürfen und als wichtige Ansprechpartner:innen ausserhalb des engeren familiären und sozialen Umfelds Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen. In keinem Lebensabschnitt werden so entscheidende Weichen für die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten gestellt wie in Kindheit und Jugend. Damit ist und bleibt die Aufgabe der Pädiatrie und insbesondere der Praxispädiatrie als erste Anlaufstelle der meisten Familien für gesundheitliche Belange auch in einem sich wandelnden Umfeld von grosser Bedeutung. Doch wie gut wird sie dieser Aufgabe in naher Zukunft noch gerecht werden können? Neben allen wichtigen medizinischen und gesellschaftlichen Entwicklungen stellt sich heute mehr denn je die Frage: Wird in den nächsten Jahren jedes Kind noch einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin finden? Etwas weniger Kinder und Jugendliche in der Bevölkerung… Ein Blick in die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigt, dass im Jahr 2023 über 1,3 Millionen junge Menschen bis 14 Jahren in der Schweiz lebten, zählt man die bis 19-Jährigen hinzu, umfasst die Klientel der Pädiatrie fast 1,8 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen der Schweiz. Damit macht diese Altersgruppe heute 15% 79 66 68 66 81 88 63 78 85 92 89 86 86 116 105 98 88 93 114 133 112 117 24 34 16 28 23 20 22 22 30 33 61 90 52 75 76 74 69 64 52 57 54 79 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Eidgen. Titel KJM Anerkannte WB-Titel KJM Abbildung 1: Die Zahl der jährlich erteilten eidgenössischen Weiterbildungstitel in der Kinder- und Jugendmedizin (blau) ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Ein grosser Teil des Bedarfs wird jedoch durch Kolleg:innen mit anerkannten ausländischen Weiterbildungstiteln (gelb) gedeckt.

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