03 / 2025 THEMENHEFTTEIL: 30 JAHRE KIS KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 13 Largo leitete aus seiner damaligen Standortbestimmung wegweisende Folgerungen ab: Die Weiterbildung in den Spitälern muss sich (auch) an den Bedürfnissen der ambulanten Pädiatrie orientieren. Dies umfasst sowohl Themenkreise (z. B. präventive und Erziehungsberatung, Adoleszentenmedizin, psychosoziale Themen) wie auch gezielte Anpassung der Weiterbildung bei medizinischen Themen (z. B. ambulante Labordiagnostik, pragmatische Abklärung und ambulante Therapie). Largo benannte den Interessenkonflikt zwischen Spital und Praxis und erkannte, dass die praktizierenden Kinderärzt:innen selbst die Verantwortung für ihre Fortbildung übernehmen müssen, um diese ihren Bedürfnissen anzupassen. Ebenso erfasste er die Bedeutsamkeit der technischen Untersuchungen, um die ambulante Pädiatrie finanziell attraktiv zu gestalten. Dazu gehörten die grundlegenden Laboruntersuchungen, Einführung und Vergütung von Tympanometrie und auch des Ultraschalls in der Praxis! Schliesslich ging es auch um die Bedeutung des Selbstwerts der ambulanten Arbeit in der Praxis: Wieso soll ein ausführliches Gespräch mit den Eltern eines behinderten Kindes nicht korrekt abgerechnet werden können? Und wie er es ausdrückte: «Ist die Tarifsituation u. a. deshalb so unbefriedigend, weil wir selber nicht so recht daran glauben, dass unsere Gespräche das Geld wert sind?» Rückblickend ist es erstaunlich, wie sehr die heutige Praxispädiatrie sich genau diesen Visionen entsprechend entwickelt hat. Die Studie und die bedrohliche Konsequenz des Nichtstuns haben aufgerüttelt und die praktizierenden Kinderärzt:innen aus der damaligen Lethargie zu neuem Leben erweckt. Die Gründung des Forums für Praxispädiatrie neun Jahre nach Publikation von Largos Studie war eine erste Konsequenz, um eine eigenständige Weiterbildung zu garantieren. Die heutigen praxisorientierten Kurse von KIS sind aus unserem Curriculum nicht mehr wegzudenken. Erfreulicherweise sind heute auch mehrere der von pädiatrie schweiz organisierten Veranstaltungen Teil der praxisorientierten Weiterbildung. Die Anerkennung der Vorsorgeuntersuchungen als Versorgungsleistung war ein weiterer Schritt, um die Bedeutung auch tarifarisch abzubilden (mit ihren Vor- und Nachteilen). Die Gründung der SVUPP hat die Wichtigkeit technischer Leistungen am Beispiel der Ultraschalluntersuchung auch in der pädiatrischen Praxis zementiert und wird nun tarifarisch im TARDOC auch umfassend abgebildet. Schliesslich hat die Entscheidung der Praxispädiater:innen, als Grundversorgende in der Schweiz zu fungieren, zur Einbindung in wichtige Organisationen wie mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz geführt und dadurch zu einem besseren Gehör, auch bei politischen Instanzen wie dem BAG und medizinischen Gremien wie der FMH. Heute dürfen wir mit gutem Selbstwertgefühl als Pädiater:innen dastehen und können Pionieren wie Remo Largo für ihr unermüdliches Ermahnen, beständiges Stärken und ihre klaren Visionen basierend auf fundierte Daten nicht genügend danken. Ihre Arbeit soll uns auch heute motivieren, die aktuellen Herausforderungen mit Freude in die Hand zu nehmen und die Visionen für eine zukünftige Praxispädiatrie, wie sie beispielsweise von Oskar Jenni in diesem Heft formuliert sind, auch mit Engagement umzusetzen. ■ «Offenbar erwarten die Eltern vom Kinderarzt mehr als nur medizinische Massnahmen.» « » Präventiv-medizinische Massnahmen, Erziehungsberatung und das ärztliche Gespräch sind «gewissermassen das Herzstück der ambulanten Pädiatrie». « » QUELLE 1 Prospektive Studie über die Tätigkeit des praktizierenden Kinderarztes. Der praktizierende Kinderarzt am Scheideweg? R. H. Largo, M. Diethelm, R. Kessler, F. E. Sutter, Helv paed Acta 41, Suppl. 51, 5-14 (1986), Schwabe & Co. AG, Basel
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx