02 / 2025 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 19 KD DR. MED. HANS PETER KUEN FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, SPEZIELL PÄDIATRISCHE KARDIOLOGIE, CO-CHEFARZT AD PERSONAM, KINDERSPITAL ZENTRALSCHWEIZ, LUZERN Korrespondenzadresse: hanspeter.kuen@luks.ch In der kinderärztlichen oder hausärztlichen Praxis stellen v.a. Rhythmusstörungen, Synkopen und die Frage nach myokardialen Erkrankungen wie z.B. Myokarditis wichtige Indikationen zur Durchführung eines Ruhe-EKGs im Kindesalter dar. Interpretation Ruhe-EKG im Kindesalter In einem zweiten Schritt sollte der Rhythmus definiert werden. Am häufigsten findet sich ein Sinusrhythmus, der sich definiert durch regelmässige positive P-Wellen in den Extremitätenableitungen I-III und negative P-Wellen in aVR. Aber auch ein nicht vom Sinusknoten ausgehender Vorhofrhythmus oder junktionaler Rhythmus kann im Kindesalter normal sein. Ein ventrikulärer oder Schrittmacherrhythmus ist immer pathologisch. Im Rahmen der Abklärung eines Herzgeräusches bei v. a. angeborenen Herzfehlern wird zwar häufig ein Ruhe-EKG abgeleitet, jedoch sind pathologische Befunde eher die Ausnahme. Zu Beginn einer Abklärung sollte man sich stets der klinischen Situation und Fragestellung bewusst sein. Handelt es sich um ein gesundes Kind oder ein Kind mit fieberhafter Erkrankung, mit Synkopen, mit subjektiven Tachykardien oder Palpitationen, mit Leistungseinschränkung, mit Medikamenten oder mit einer positive Familienanamnese für plötzlichen Herztod? In den letztgenannten Fällen ist eine Auffälligkeit im Ruhe-EKG deutlich häufiger. In einem zweiten Schritt empfiehlt sich eine systematische Herangehensweise. Das Vorgehen bei der Interpretation entspricht dem Algorithmus wie im Erwachsenenalter, es empfiehlt sich folgende Systematik (siehe Flowchart EKG): 1. Rhythmus 2. Herzfrequenz 3. Lagetyp 4. Zeiten und Intervalle (PQ, QRS, QTc-Dauer) 5. Hypertrophiezeichen (atrial und ventrikulär) 6. Repolarisation (ST-Segment, T-Welle) Ruhe-EKG Zeitintervalle Quelle: kispi-wiki.ch 1. Rhythmus Frage: Rhythmisch oder arrhythmisch? Bei einem rhythmischen Puls sind die Abstände zwischen den QRS-Komplexen konstant, beim arrhythmischen Puls gibt es Schwankungen. Im Gegensatz zum im Erwachsenenalter vorliegenden regelmässigen Sinusrhythmus sieht man im Kindesalter häufig eine respiratorische Sinusarrhythmie. Die Ursache liegt bei einer stärkeren Füllung des Herzens während der Inspiration und damit erhöhter Herzfrequenz, entsprechend bei Exspiration und reduzierter Füllung des Herzens eine niedrigere Frequenz. Respiratorische Sinusarrhythmie mit P-Welle vor jedem QRS-Komplex Bild: Luzerner Kantonsspital Eine weitere Normvariante im Kindesalter ist ein sogenannter wandernder Schrittmacher, das heisst ein Wechsel von Sinusrhythmus und wechselweise Vorhofrhythmus. Vorhofrhythmus mit negativen P-Wellen in Ableitung III Junktionaler Rhythmus ohne P-Welle vor und mit negativer P-Welle nach dem QRS-Komplex 2. Herzfrequenz Je jünger das Kind, desto höher ist die Frequenz. Zusätzlich unterliegt die Herzfrequenz in der gleichen Alterskategorie einer grossen Schwankungsbreite. Normwerte: Quelle: nach Davignon et al., Pediatric Cardiology, 1980 0–1 1–3 189 88 168 N Min Max 50 3–7 7–30 1–3 3–6 6–12 1–3 3–5 5–8 8–12 12–16 Days Months Years 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 Heart rate in beats/minute 179 57 170 181 87 166 119 96 188 112 114 204 109 101 188 138 100 176 191 68 165 210 68 145 226 60 139 233 51 145 247 51 133 98% 95% 75% 50% 25% 0,5% 0,2% 190 Wandernder Schrittmacher mit veränderter Richtung der P-Wellen Bild: Luzerner Kantonsspital Bild: Luzerner Kantonsspital Bild: kispi-wiki.ch
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