KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2025

NACHHALTIGKEIT IN DER PÄDIATRIE 01 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 30 DR. MED. BIANCA STORIM FACHÄRZTIN KINDER- UND JUGENDMEDIZIN UND FACHÄRZTIN KINDERCHIRURGIE, PRAXISPÄDIATERIN BEI YOUKIDOC, BASEL Korrespondenzadresse: Bianca.Storim@youkidoc.ch Hoch die Hände, Praxiswende Warum der Weg in die nachhaltige Praxis so viel Sinn macht gen durch Verminderung des Wasserverbrauchs, des Abfalls, der Heiz- und Stromkosten. Ein weiterer Pluspunkt besteht im Zusammenhang mit dem gerade bestehenden Fachkräftemangel, wie eine 2023 veröffentlichte Stepstone-Studie zeigt: Insgesamt betrachten etwa zwei Drittel der Befragten es als wichtig, dass ihr Arbeitgeber nachhaltig handelt. Das hohe Bewusstsein für Nachhaltigkeit auf dem Arbeitsmarkt hat zu einer gesteigerten Erwartung geführt. Es ist offensichtlich, dass Mitarbeitende mehrheitlich die Verantwortung für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft den Arbeitgebern zuschreiben6. Und nicht zuletzt, aber an dieser Stelle abschliessend, stärkt das Ins-Handeln-Kommen das Wohlbefinden durch Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit. ■ QUELLEN 1 The environmental footprint of health care: a global assessment. Lenzen, Manfred et al., The Lancet Planetary Health, Volume 4, Issue 7, e271 - e279 2 Schlüsselrolle des Gesundheitssektors. Bublitz, Susanne et al. Grüne Arztpraxis, Kapitel 5 3 Klimabewusste Verordnung von Inhalativa, S2k-Leitlinie, AWMF-Register-Nr. 053-059 4 A global review of research on effective advocacy and communication strategies at the intersection of climate change and health. Uppalapati, Sri Saahitya, et al., 2023, George Mason University. DOI: 10.31219/osf.io/6w3qh 5 Toolkit Planetary Health für Arztpraxen der FMH: https://toolkit.fmh.ch 6 Nachhaltigkeit auf dem Arbeitsmarkt 2023. https://www.thestepstonegroup.com/deutsch/insights/artikel Der Klimawandel gefährdet die menschliche Gesundheit durch Zunahme der hitzebedingten Krankheiten, der Ausbreitung von Infektionskrankheiten oder durch Naturkatastrophen. Der Gesundheitssektor verursacht einen nicht zu unterschätzenden Anteil der globalen Treibhausgasemissionen und weist hierbei einen grossen Ressourcenverbrauch auf. Damit ist er zugleich Teil des Problems, aber auch Teil der Lösung1. Durch folgende drei Punkte kann die Verbesserung der Umweltbilanz in der Praxis erreicht werden2: 1. Einschränkung des Ressourcenverbrauchs durch nachhaltiges Wirtschaften sowie Vermeidung von Überversorgung. Ein wichtiger Hebel ist die Stärkung der Primärversorgung zur Vermeidung entbehrlicher Krankenhausaufenthalte. 2. Treibhausgasreduktion durch Einsparung von Transporten, Verringerung des Energieverbrauchs und nicht zuletzt durch klimabewusste Pharmakotherapie. Ein Beispiel ist der Ersatz von Dosieraerosolen, die hoch klimawirksame Treibgase enthalten, durch Pulverinhalatoren3 (Abb. 1). 3. Multiplikatorenfunktion: Vorbildfunktion des Gesundheitspersonals für klimaschützende und gesundheitsfördernde Verhaltensänderungen bei Patient:innen. Wir als Ärzt:innen haben eine wichtige Schlüsselposition in der Anpassung an den Klimawandel. Wir geniessen grosses Vertrauen und erreichen Menschen aller Altersgruppen und sozioökonomischer Schichten. Untersuchungen zeigen, dass in der Bevölkerung wenig über die Zusammenhänge von Gesundheit und Klimawandel bekannt ist, das Verhalten der Patient:innen durch Aufklärung jedoch positiv beeinflusst werden kann4. Entsprechend ist es sinnvoll, als gutes Beispiel voranzugehen, indem wir in unseren Praxen den Ressourcenverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen reduzieren und dies sichtbar machen. In der Schweiz besteht dank der FMH die Möglichkeit, mittels des Toolkits «Planetary Health» für Arztpraxen mit rund 70 Massnahmen aus 14 Kategorien das Zertifikat der «umweltfreundlichen Arztpraxis» zu erlangen. Die Massnahmen werden nach Aufwand und Wirksamkeit kategorisiert (Bronze, Silber und Gold). Zum Teil werden Nachweise für die Bemühungen notwendig und nach Erreichen von 75% der Gold-Massnahmen mit dem FMH-Zertifikat belohnt.5 Hierbei geht es nicht um Verzicht, sondern um Veränderung zum Besseren. Denn die Massnahmen bringen viele Co-Benefits mit sich, wie etwa KosteneinsparunAbb. 1: Treibhausgasemissionen einer durchschnittlichen Hausarztpraxis nach betrieblichen Teilbereichen. Quelle: Tennison I et al.: Lancet 2021; adaptiert nach Pritchard JN et al.: Drugs Des Devel Ther 2020 Gebäude 10,6% Mobilität 10,6% Einkauf 22,8% Medikamente 59,7%

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