KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2025

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 24 ■ Welche Kompetenzen sind erforderlich? ■ Wie sehen die zentralen Finanzkennzahlen aus? Zwei ausgewählte Themen sollen hier kurz vertieft werden: Thema 1: Finanzielle Eckwerte der Kinderarztpraxis und grundsätzliches Verständnis dafür, wie Gewinne erzielt werden. Kinderärzt:innen verdienen ihr Geld im Wesentlichen über zwei Einnahmequellen, namentlich Zeit und Material. Zeit (Tarmed-Abrechnung) Die ärztliche Leistung wird gegenwärtig nach Zeit vergütet. Ein zentraler Begriff für die finanzielle Analyse und Optimierung ist Chargeability – der Anteil der Arbeitszeit von Ärzt:innen und MPAs, der mit verrechenbaren Leistungen abgedeckt wird. Eine 100%ige Abrechenbarkeit, bei der jede Stunde voll verrechnet wird, ist kaum realistisch. Ziel ist es daher, die Sprechstundenzeit möglichst auszulasten und nicht verrechenbare Tätigkeiten auf ein Minimum zu reduzieren – etwa durch effiziente Arbeitsteilung oder externe Vergabe. Da unsere Tarife festgelegt sind, bringt eine 20-minütige Konsultation gemäss Tarmed je nach Kanton rund 67 CHF ein, also ca. 200 CHF pro voll verrechneter Stunde. Leerlauf zwischen Patient:innen senkt diesen Ertrag und kann im Extremfall die Lohnvollkosten von Ärzt:innen nicht mehr decken. Diese umfassen neben dem Gehalt auch Sozialabgaben und praxisbezogene Kosten wie Arbeitsgeräte, Weiterbildung, Miete oder Teamausflüge, die je nach Praxis variieren. Beispielrechnung für eine:n angestellte:n Ärzt:in: 6000.00 CHF Lohn × 13 Monate × Unkostenfaktor 1,35 (typische Grösse) = 105300 CHF Kosten pro Jahr. Bei 220 effektiven Arbeitstagen pro Jahr kostet diese:r angestellte Ärzt:in ca. 60 CHF pro Stunde respektive 480 CHF pro Tag. Diese Lohnvollkosten müssen also für jede Arbeitsstunde oder jeden Arbeitstag erwirtschaftet werden. Gemäss obigen Ausführungen erwirtschaftet dieser angestellte Arzt erst ab 2,5 Stunden voll verrechenbare Leistungen pro Tag einen positiven Gewinn für die Kinderarztpraxis. Material (Medikamente, lmpfungen) Um Gewinne zu berechnen, wird die Bruttomarge genutzt: Beispielrechnung für Impfungen: 1000 CHF Umsatz – 750 CHF Einkaufspreis der Impfungen und notwendigen Materialien (direkte Kosten) = 250 CHF Bruttogewinn (250 CHF : 1000 CHF) × 100 = 25% Bruttomarge In der Bruttomarge sind keine Personal- oder weitere Materialkosten berücksichtigt. Thema 2: Rollen, Aufgabenteilung und Verantwortlichkeiten innerhalb des Teams (Roles & Responsibilities – R&R): ■ Wer macht was (Aufgabenbereiche)? ■ Wer hat welche Verantwortungsbereiche? ■ Wer trifft welche Entscheidungen? Kleine Unternehmen profitieren typisch von kurzen Entscheidungswegen. Auf der anderen Seite müssen wenige Mitarbeitende viele Aufgaben abdecken. Eine ausgewogene Verteilung von Aufgaben- und Verantwortungsbereichen aufgrund der vorliegenden Grösse und Fähigkeiten ist zentral. Eine klare Rollen- und Verantwortungsverteilung im Team verbessert die Zusammenarbeit und steigert die Effizienz. Diagnose Eine mögliche Diagnose des Beratungsteams kann beispielsweise sein: eine finanziell gesunde Arztpraxis mit Optimierungspotenzial in den zentralen Abläufen, in der eingesetzten Technologie und Klärung der Rollen und Verantwortlichkeiten. Für die priorisierten Probleme werden passende Lösungsansätze identifiziert und in einem Umsetzungsplan strukturiert. Dabei sollte immer die Schaffung von Mehrwert im Vordergrund stehen, also sollten Optimierungen nur dann umgesetzt werden, wenn greifbare positive Resultate erreicht werden können. Therapie Der wirtschaftswissenschaftliche Fachbegriff der Value Chain (Wertschöpfungskette) beschreibt die Abfolge aller zusammenhängenden Herstellungs- und Vermarktungsstufen für ein Produkt. Unternehmen nutzen die Analyse der Wertschöpfungskette, um Prozesse zu optimieren, Effizienz zu steigern und Gewinne zu maximieren. Sie dient auch dazu, die Zusammenhänge in der Zusammenarbeit der involvierten Akteur:innen zu visualisieren. Ein einfaches Beispiel einer Wertschöpfungskette in der Kinderarztpraxis könnte wie folgt aussehen: KONTAKT (TELEFON) EMPFANG KONSULTATION MEDIKAMENTENABGABE VERRECHNUNG Wird z.B. das Telefon nicht besetzt, kommen weniger Patient:innen, es gibt weniger Konsultationen – und weniger Umsatz. Werden beim Empfang Patient:innendaten nicht korrekt erfasst, kann dies zu fehlerhafter Verrech-

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