FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 20 Wir haben vor dem Sprung in die Praxis in unserer jahrelangen Ausbildung alles über die seltensten Krankheiten in der Pädiatrie, wenn wir Glück hatten, etwas über Entwicklungspädiatrie und Ultraschall und bei den Jüngeren unter uns das 10-Finger-System der Compi-Tastatur gelernt, aber was Betriebswirtschaft sowie Finanzen angeht und wie man ein KMU führt… keinen blassen Dunst! Eigentlich ergibt sich eine ganz einfache Rechnung: Einnahmen minus Ausgaben ergeben den Gewinn, dieser sollte ungefähr bei 35% der Honorareinnahmen liegen. Das heisst ca. 2/3 unserer Zeit arbeiten wir, um die Unkosten und Ausgaben für Praxis und Altersvorsorge zu decken! Bei den Einnahmen sind uns durch den Tarif klare Grenzen gesetzt, nur durch Mehrarbeit oder indem man andere für sich arbeiten lässt, kann hier etwas rausgeholt werden. Anders sieht es bei den Ausgaben aus, hier lassen sich bei geschicktem (Ver-)Handeln Einsparungen und zusätzliche Gewinne machen. Die ersten drei Abschnitte sind v. a. für die unter euch interessant, die demnächst eine eigene Praxis eröffnen wollen. Die Praxisform Einzel- oder Gruppenpraxis? Die Einzelpraxis hat sicher gewisse Vorteile, was Entscheide und Vorlieben angeht, ist aber global gesehen zunehmend im Rückgang begriffen. Die Praxisgemeinschaft oder Gruppenpraxis hat grosse Vorteile, was Teilzeitarbeit, gegenseitige Vertretung, laufende Kosten und v. a. Investitionen angeht. Es macht einen grossen Unterschied, ob Anschaffungskosten für Einrichtung und Apparate allein gezahlt oder durch zwei oder drei geteilt werden… Es setzt aber eine gewisse Kompromissbereitschaft, Flexibilität und Grosszügigkeit voraus, um längerfristig gut miteinander auskommen zu können. Ein gut ausgehandelter, fairer Vertrag als Rettungsanker bei Unstimmigkeiten ist sicher hilfreich. Ob einfache Gesellschaft oder Aktiengesellschaft (beides hat Vor- und Nachteile), müsstet ihr mit eurem Steuerberater diskutieren. Auf die begrenzten Möglichkeiten der finanziellen Steuerung bei Anstellung in einer Praxis gehe ich hier nicht ein. Die Praxislokalität Kaufen oder mieten? Die Hypozinsen sind (wieder) günstig, sie lassen sich von den Steuern abziehen und wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt, warum nicht. Aber man ist örtlich gebunden und kann sich bei veränderten Umständen weder vergrössern noch verkleinern. So werden die meisten von uns die MieDR. MED. CHRISTIAN KNOLL FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, PRAXISPÄDIATER IN BIEL Korrespondenzadresse: chknoll@hin.ch Praxisführung und Finanzen te vorziehen. Dabei schauen, wie hoch die Quadratmetermietpreise für Büro-/Geschäftsliegenschaften in der Umgebung sind, so hat man Anhaltspunkte, ob der geforderte Mietpreis angemessen ist und evtl. ergibt sich Verhandlungsspielraum. Dann die Frage, ob Rohmiete, d. h. eine Etage in unausgebautem Zustand, oder Mietzins für eine für den Praxisbetrieb fixfertig ausgebaute Fläche. Bei Ausbaumöglichkeiten gibt es natürlich eine grössere Flexibilität für die eigenen Vorstellungen und Wünsche, aber auch erforderliche Investitionen für den Ausbau. Bei längerfristigen Mietverträgen lassen sich viele Vermieter zu finanziellen Beteiligungen am Umbau bewegen. Dabei im Mietvertrag festlegen, dass bei einem späteren Auszug kein Rückbau erforderlich ist. Die Praxiseinrichtung Es gibt zig Firmen, die sich auf Praxis-Innenarchitektur spezialisiert haben. Meist nicht ganz billig und die Einrichtung entspricht dann meist einem Mercedes, wenn es ein Golf auch tun würde … Für dermatologische, gynäkologische und schönheitschirurgische Praxen wird das eine grössere Rolle spielen als für uns Pädiater:innen. In der Regel kommen die Eltern wegen unserem Angebot in die Praxis und nicht, weil sie so schick eingerichtet ist … Hier lohnt es sich, vor dem Um-/Ausbau möglichst viele andere pädiatrische Praxen anzuschauen, um eine grosse Auswahl an Ideen, die den Ablauf im Praxisalltag erleichtern, sammeln zu können. Ich denke, viele KIS-Mitglieder sind bereit, sich da in die Karten Ein Teil des Jobs, den man nicht im Medizinstudium lernt: Büroarbeit. Foto: Praxis am Lindberg, Winterthur
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