FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 01 / 2025 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 14 PROF. DR. STEPHAN ALEXANDER BÖHM ASSOZIIERTER PROFESSOR FÜR DIVERSITY MANAGEMENT AND LEADERSHIP, DIREKTOR COMPETENCE CENTER FOR DIVERSITY, DISABILITY AND INCLUSION (CCDI), UNIVERSITÄT ST. GALLEN Korrespondenzadresse: stephan.boehm@unisg.ch SOPHIE THERESA SCHEPP WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITERIN, COMPETENCE CENTER FOR DIVERSITY, DISABILITY AND INCLUSION (CCDI), UNIVERSITÄT ST. GALLEN Korrespondenzadresse: sophie.schepp@unisg.ch Schlüsselfaktor Führung Wie gute Führung das Wohlbefinden und die Leistung im Praxisteam stärken kann Team vorbeugen, während sie gleichzeitig das Engagement und die langfristige Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden stärken. Im Gesundheitssektor, wo hoher Arbeitsdruck, enge Zeitpläne und emotionale Herausforderungen zum Alltag gehören, spielt gute Führung deshalb eine zentrale Rolle. Wenn die physischen und psychischen Belastungen für Mitarbeitende hoch sind, ist es besonders wichtig, dass Führungskräfte ein gesundes Arbeitsklima fördern, Überlastungen und Erkrankungen vorbeugen und Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit langfristig stärken. Gute Führung kann zudem die Qualität der Patient:innenversorgung positiv beeinflussen, zum Beispiel indem sie Fehlzeiten reduziert, Abläufe effizient strukturiert und die Kompetenzen sowie die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden stärkt, sodass diese kreative Lösungen entwickeln und aktiv zur kontinuierlichen Optimierung der Praxisabläufe beitragen können. Was zeichnet gute Führung aus? Es gibt kein allgemeingültiges Rezept, das «gute» Führung definiert. Allerdings haben sich in der Forschung mehrere Ansätze als besonders förderlich für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Mitarbeitenden herauskristallisiert. Eine entscheidende Grundlage für positive Effekte von Führung stellt die Qualität der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden dar, welche in der Forschung «Leader-Member Exchange» oder kurz «LMX» genannt wird. Eine vertrauensvolle, wertschätzende Beziehung mit der Führungskraft verbessert den Informationsfluss, das Feedback und die Entwicklungsmöglichkeiten von Mitarbeitenden. Diese enge Zusammenarbeit wirkt sich positiv auf Leistung und Motivation aus und verringert gleichzeitig Stress und Burn-out. Im Gegensatz dazu bringen distanziertere Beziehungen weniger Vorteile mit sich (Dulebohn et al., 2012). Wichtig ist hierbei auch, dass sich Führungskräfte um eine ähnliche Beziehungsqualität mit allen ihren Mitarbeitenden bemühen und keine zu starken «Favorit:innen» Die Rolle von guter Führung Führungskräfte können nicht nur durch ihr eigenes Verhalten Vorbild sein, sondern auch gezielt das Verhalten ihres Teams beeinflussen – zum Beispiel, indem sie gewünschte Verhaltensweisen fördern oder korrigieren, klare Ziele definieren und eine unterstützende Teamkultur entwickeln, die die Rahmenbedingungen für gesundes und produktives Arbeiten schafft (Boehm & Eugster, 2018). Forschungsergebnisse zeigen, dass das Verhalten von Führungskräften direkten Einfluss auf den Krankenstand, die Arbeitszufriedenheit und die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden hat. Gute Führung kann Belastungen reduzieren, die Motivation stärken und die langfristige Leistungsfähigkeit des Teams unterstützen. Das sogenannte Job Demands-Resources Modell (Bakker & Demerouti, 2007) bietet eine fundierte wissenschaftliche Grundlage, um den Einfluss von Führung auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden besser zu verstehen. Es zeigt auf, wie unterschiedliche Arbeitsaspekte das Wohlbefinden und die Leistung beeinflussen. Arbeitsanforderungen umfassen sämtliche physische, psychische, soziale oder organisatorische Faktoren, die Anstrengung erfordern und potenziell Stress auslösen können, wie beispielsweise hoher Zeitdruck, emotionale Belastungen oder Konflikte mit Patienten. Arbeitsressourcen hingegen sind positive Elemente der Arbeit, die Mitarbeitende dabei unterstützen, Anforderungen zu bewältigen, persönliche Ziele zu erreichen und beruflich zu wachsen. Dazu zählen unter anderem soziale Unterstützung im Team, Autonomie bei der Arbeit, Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und positives Feedback. Das Modell verdeutlicht, dass ein Ungleichgewicht zwischen hohen Anforderungen und unzureichenden Ressourcen Stress, Burnout und Leistungsabfall begünstigen kann. Im Gegensatz dazu fördern ausreichend vorhandene Ressourcen Motivation, Engagement und eine höhere Arbeitsleistung. Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle, um dieses Gleichgewicht herzustellen. Durch die Reduzierung von Belastungen und die gezielte Schaffung von Ressourcen können sie Erschöpfung und Resignation im In kleineren Organisationen, wie beispielsweise in ärztlichen Praxen, tragen Einzelpersonen häufig mehrere Rollen gleichzeitig. So sind Ärzt:innen meist auch Führungskräfte. Bei einer solchen Doppelbelastung kann es herausfordernd sein, der Führungsrolle ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken und das eigene Führungsverhalten bewusst weiterzuentwickeln. Allerdings ist gute Führung von zentraler Bedeutung für das Wohlbefinden, die Arbeitszufriedenheit und die Produktivität der Mitarbeitenden.
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