04 / 2024 JAHRESTAGUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 31 Klima im Schlafzimmer: Wir alle wissen, dass es deutlich schwieriger ist, gestresst in einem hellen, heissen und stickigen Schlafzimmer einzuschlafen. Wenn das Melatonin abends ansteigt, sinkt die Körpertemperatur. Nur leicht, max. 1 °C. Beides leitet das Einschlafen ein. Ein in-den-Schlaf-gestillter jähriger Säugling, welcher in regelmässigen Abständen nachts aufwacht und die Brust verlangt, soll nun endlich durchschlafen. Mit dem Wissen, dass jedes Kind seine Schlafzyklen mit individueller Regelmässigkeit hat, dürfen wir bei diesem Kind, das sich mit einer wunderbaren Regelmässigkeit meldet, davon ausgehen, dass es einen physiologischen Schlaf hat. Mit Beendigung eines Schlafzyklus wachen wir jedoch jeweils auf und brauchen dann wieder unsere Einschlafhilfe. Wenn das die Brust ist, dann muss hier ein anderes Ritual gefunden werden. Bis zweijährig ist der Schlaf-Wach-Rhythmus NICHT ans Melatonin gekoppelt. Da der Körper abends einen leichten Temperaturabfall macht, kann dies auch therapeutisch genutzt werden, und Kinder, die Mühe haben einzuschlafen (Weglassen elektronischer Medien vorausREFERENT: DR. MED. SILVANO VELLA Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Schwerpunkt Neuropädiatrie, Fähigkeitsausweise EEG, Schlafmedizin und delegierte Psychotherapie, Kinderneurologische Praxis in Bern MODERATION/AUTORIN: DR. MED. MAJA SAURER Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Burgpraxis, Thun Korrespondenzadresse: maja.saurer@burgpraxis.ch Workshop Ärzt:innen 9: Masterclass Schlafstörungen Klima im Schlafzimmer: Einfluss auf die kindliche Entwicklung und Gesundheit gesetzt) dürfen für ein paar Minuten an die frische Luft (nicht frieren lassen, kühle Wangen helfen bereits). Melatonin wird in unserer Zirbeldrüse produziert. Autistische Kinder produzieren oftmals weniger. Aber auch blinde Kinder können von einer Substitution von Melatonin profitieren. Bei grösseren Kindern kann – wenn der Schlaf nicht innert 20 Min. eintreten kann – abgemacht werden, dass sie sich allein noch mit etwas Ruhigem beschäftigen dürfen. Parasomnien: Da in unseren nächtlichen Schlafzyklen der Tiefschlaf vor allem in der ersten Nachthälfte vorherrscht, tritt in dieser Zeit der Parvor nocturnus auf. In der zweiten Nachthälfte findet man deutlich mehr REM-Schlaf, dann träumen wir viel, auch Albträume. Restless Legs-Syndrom (RLS) ist oft mit einem Eisenmangel verbunden. Die Kinder klagen über Unwohlsein und Schmerzen in den Beinen, welche durch das Bewegen verschwinden und mit der Ruhe wieder auftreten. RLS tritt nicht vermehrt nach Sport auf, sondern in Entspannungsmomenten. Die Behandlung ist primär, einen Eisenmangel zu beheben, dann kann auch Gabapentin, ein ursprünglich gegen Epilepsie entwickelter Wirkstoff, eingesetzt werden. ■ Workshop Ärzt:innen 8: Masterclass Neuropädiatrie Neuromuskuläre Erkrankungen – Was gibt es Neues, wie erkennen, wann eilt es? In ihrem Workshop «Neuromuskuläre Erkrankungen» führte uns Frau Prof. Andrea Klein in zügigem Tempo klar strukturiert durch das Spektrum seltener Krankheiten. Das Herzblut und die Begeisterung für ihr Steckenpferd griffen auch auf uns Teilnehmende über. Neuromuskuläre Erkrankungen sind selten, gehen einher mit schlaffen Paresen durch Störung der Funktion auf verschiedenen Ebenen zwischen ZNS und Muskeln. Die häufigsten im Kindesalter sind Morbus Duchenne (motorische Entwicklungsverzögerung v. a. bei Knaben, sekundärer Zehenspitzengang: CK-Wert bestimmen), Spinale Muskelatrophie (SMA) (proximale Bein-Schwäche, schlechte Kopfkontrolle, Reflexe kaum auslösbar: genetische Untersuchung) und myotone Dystrophie. Klinik der neuromuskulären Schwäche: Vermeiden von Bewegungen gegen die Schwerkraft, im Sitzen in Rundrücken abfallen, Lachen, Augenkneifen und Pfeifen schwach ausgeprägt. Axiale Muskulatur: Aufsitzen aus Rückenlage schwierig bis nicht möglich. Proximale Schwäche: Aufstehen vom Boden, auf Stuhl steigen, Einbeinstand, -hüpfen schwierig, Treppe hochsteigen schwieriger als runter. Distale Schwäche: Zehenspitzen- und Fersengang schwierig. REFERENTIN: PROF. DR. MED. ANDREA KLEIN Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH mit Schwerpunkt Neuropädiatrie SGNP, Abteilungsleiterin Neuropädiatrie, Rehabilitation und Entwicklung, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Bern MODERATION: DR. MED. DANIELA BRUNNER-DI PIETRO Fachärztin Kinder- und Jugendmedizin FMH, Kinder und Jugendpraxis Muri, Muri bei Bern AUTORIN. DR. MED. CÉCILE PFÄFFLI Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxis für Kinder- und Jugendmedizin Rebberg, Oberengstringen Korrespondenzadresse: kinderpraxis@hin.ch Anamnestisch fällt die Diskrepanz zwischen allgemeiner und motorischer Entwicklung auf (Stürze, kein Treppenlaufen). Schmerzhaftes Aufstehen: rheumatisch bedingt, nicht Duchenne-verdächtig. Therapeutisch gibt es Lichtblicke: Krankheitsmodifizierend bei Duchenne: Hochdosierte Prednisontherapie. Bei SMA sensationelle Erfolge mit einmaliger Gentherapie bei hohen Kosten von aktuell 1,7 Mio SFr. Als Pädiater:innen in der Begleitung therapeutisches Netzwerk aufstellen inkl. psychologischer Unterstützung, Geschwister nicht vergessen, unbedingt Pneumokokken-, Influenza- und RSV-Impfungen. SMA-Kinder gehören vom kognitiven Potential her in die Regelschule. Herzlichen Dank an Andrea Klein und Daniela Brunner. ■
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