KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2024

NACHHALTIGKEIT IN DER PÄDIATRIE 03 / 2024 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 34 Im Jahr 2023 wurden weltweit Rekordtemperaturen gemessen. Ohne ambitioniertere Klimaschutzmassnahmen werden sich die globalen negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit weiter verschärfen und Milliarden von Menschen betreffen. Die Temperaturen in Kontinentaleuropa steigen dabei doppelt so schnell an wie im globalen Durchschnitt, was die Gesundheit der Bevölkerung auch in der Schweiz gefährdet. Die fortschreitende Zunahme von Hitzetagen (>30°C), Tropennächten (nicht <20°C) und Hitzewellen (>= 3 Hitzetage) sind neben Starkwetterereignissen die unmittelbarsten Folgen der Klimakrise bei uns. Aufgrund des bisherigen Temperaturanstiegs erlebten wir in den letzten 10 Jahren vor allem in Schweizer Städten wie zum Beispiel Basel durchschnittlich 21 Hitzetage pro Jahr. Bis 2060 wird mit einer Verdopplung bis Verdreifachung gerechnet, da aktuell kein Land der Erde eine mit dem 1,5°C-Ziel vereinbare Klimapolitik betreibt. Aufgrund ihrer besonderen Bedingungen (physiologische Besonderheiten, verminderte Hitzeadaptation, mehr und längere Aufenthalte im Freien etc.) sind Kinder und Jugendliche hierbei besonders vulnerabel. Vorbeugende Massnahmen mögen im privaten Kontext noch leidlich umsetzbar sein, aber beispielsweise in den Schulen und im Vereinssport zeigen sich bereits heute schon immer grössere Schwierigkeiten und Hindernisse, eine gesunde Lern- und Sportumgebung an Hitzetagen zu gewährleisten. Die entstehenden Hitzefolgeerkrankungen (siehe Abbildung 2) spielen deshalb auch in unseren kinderärztlichen Praxen eine immer grösser Vier Verbände aus Deutschland haben den praxisrelevanten Wissensstand zum Umgang mit dem Thema Prävention, Beratung und Behandlung von Hitze und Hitzefolgeerkrankungen für unsere pädiatrischen Praxen zusammengefasst. Das «Hitze-Manual» – ein hilfreicher Ratgeber für unsere Praxen DR. MED. PATRICK HETZEL CO-LEITER KINDERÄRZTE SCHWEIZ ARBEITSGRUPPE NACHHALTIGKEIT, RIEHEN Korrespondenzadresse: patrick.hetzel@ik.me werdende Rolle. Für uns Kinderärzt:innen ist es deshalb wichtig, dass wir uns dieser wachsenden Gesundheitsprobleme bewusst werden, uns darüber informieren, konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten und anwenden können. Eine wertvolle Hilfe dazu leistet das neue «Hitze-Manual». Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt:innen in Deutschland (BVKJ), das Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit (Bündnis KJG), die KlimaDocs und die uns inzwischen gut bekannte und sehr umtriebige Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) haben darin Ideen und Handlungsmöglichkeiten für eine klimaresiliente kinder- und jugendärztliche und kinderkrankenpflegerische Versorgung mit dem Schwerpunkt Hitze formuliert. Neben drei hilfreichen Checklisten (Hitzegefährdete Personen, Empfehlungen zu Verhaltensanpassungen bei Hitze und Anpassung der Praxisabläufe) finden sich praxisbezogene Informationen und Empfehlungen zu hitzerelevanten Medikamenten und ein Kapitel über ausgewählte pädiatrische Erkrankungen, die durch Hitze wesentlich beeinflusst werden. Mein «heisser» Tipp: Schaut euch das «Hitze-Manual» an – es lohnt sich sehr! Es kann über den folgenden Link bzw. QR-Code kostenlos heruntergeladen werden: https://klimadocs.de/hitzemanual-paediatrie Darüber hinaus sollten wir Kinderärzt:innen, die als «Anwält:innen» unserer Patient:innen bezeichnet werden, unseren positiven Handabdruck1 vergrössern, aktiv werden und uns für konsequenten Umwelt- und Klimaschutz sowie für gesundheitsfördernde Lebens-, Schul- und Sportumgebungen einsetzen. Die Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit von KIS steht euch für weiterführende Informationen und Ideen stets gerne zur Verfügung. ■ QUELLE 1 Zu diesem Konzept siehe Artikel «‹Handabdruck› statt ‹Fussabdruck› – ein Konzept für mehr Optimismus im Klimaschutz?» auf https://www.klimafakten.de/kommunikation/handabdruck-stattfussabdruck-ein-konzept-fuer-mehr-optimismus-im-klimaschutz GEHIRN • Sonnenstich • Schwindel • Verwirrtheit • Verringerte Konzentration (Lernen, Unfallgefahr etc.) PSYCHE • Aggressivität, Suizidalität LUNGE • Erhöhte Belastung durch Atemwegs- erkrankungen (z.B. Asthma) • Verschlimmerung von Atemwegs- erkrankungen aufgrund durch Hitze erhöhter Ozonkonzentration ALLGEMEIN • Erschöpfung • Abgeschlagenheit, Müdigkeit • Schlafstörungen • Schwäche • Übelkeit HERZ-KREISLAUF-SYSTEM • Starke Belastung des Herz-Kreislauf- Systems • Verringerte Leistungsfähigkeit NIEREN • Erhöhte Belastung durch Dehydratation • Erhöhtes Risiko für Elektrolyt- entgleisung Abbildung 2: Gesundheitliche Folgen von Hitzebelastung bei Kindern Modifiziert Patrick Hetzel nach Böse-O’Reilly et al. Monatsschr Kinderheilkd 2023 · 171:124–129 Gesundheitliche Folgen von Hitzebelastung bei Kindern

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