03 / 2024 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 31 deren Fachgebieten bekannt ist. Auch die Frage, wie lange die Eltern involviert sein sollen, müsse individuell angegangen werden, sagt MH, da manche Jugendliche sich bei der Konsultation «weitere Ohren» wünschen, um nichts zu verpassen. 4. Was machen, wenn man keine geeignete Erwachsenen-Mediziner:in findet? Das bleibt ein konkretes Problem, wie schon oben besprochen. Wobei es für gesunde Erwachsene heute oft der einfachere Weg ist, sich bei Bedarf in einer Walkin-Clinic oder Permanence behandeln zu lassen, als die mühevolle Hausarztsuche zu beginnen. Und die Transition an sich muss auf jeden Fall besprochen werden, betont MH, auch wenn der Weg dahin noch nicht konkret gebahnt ist. 5. Wie erkennt man eine erfolgreiche Transition? Wann ist für dich die Betreuung definitiv abgeschlossen? Alle berichten von den befriedigenden, oft spontanen Kontakten, bei denen die ehemaligen Patient:innen vom gelungenen Übergang berichten. PA und MH bemühen sich, jeweils noch ein Abschlussgespräch zu organisieren. Mit Übergabe der Akten, evtl. noch begleitet von einer persönlichen Zusammenfassung ist dann der Prozess beendet. Und man begibt sich ins nächste Behandlungszimmer, wo wieder ein Neugeborenes mit seinen jungen Eltern zum Erstkontakt wartet … 6. …und was gibt es für patientennahe Angebote? Es wurde verschiedentlich angemerkt, dass ja keine Checklisten oder Standards existieren, an denen man sich im Transitionsprozess orientieren könne – was natürlich auch mit den stets individuellen Bedürfnissen und Anforderungen der einzelnen Patientin zu tun hat. Es gibt aber einen grossen Erfahrungsschatz und auch einige Institutionen, die beratend, unterstützend und sehr praktisch Ärzte und Eltern auf diesem Weg begleiten können. So hat beispielsweise Manuela Stier die Plattform «Kinder mit seltenen Krankheiten» (kmsk.ch) aufgebaut, die auf verschiedenen Wegen das Wissen der Involvierten vernetzt, sammelt und praxisnah zur Verfügung stellt. Neben Newslettern und inzwischen acht Büchern zu relevanten Themen existiert ein Wissensforum (wissensplattform.kmsk.ch), auf dem online viele Informationen unter anderem zu Transition abrufbar sind. Im persönlichen Gespräch betonte Frau Stier, wie spannend es ist, mit den Familien ein grosses Netzwerk aufzubauen, das dann auch im Erwachsenenalter fortbestehen kann. Zur Transition bemerkt sie unter anderem an, dass auch für die Eltern das Loslassen nicht immer einfach ist und die Selbstständigkeit der Jugendlichen mit Handicaps zum Teil mehr Freiheit braucht, als man es sich aus deren Kindheit vorstellen kann. Auch für diesen Prozess sind Selbsthilfegruppen unabdingbar, wie das Einbinden in Netzwerke für alle Arten der Entwicklungen ein unverzichtbares Element sei. Da mit 20 Jahren die Zuständigkeit der IV für anerkannte Geburtsgebrechen endet und danach die Krankenkassen die Kostenübernahme beurteilen, kann es gewichtige Änderungen der Vergütung geben. Z. B. sind die von der IV bezahlten Hilfsmittel nicht alle auf der «MiGe-Liste» aufgeführt, nach denen die Krankenkassen ihre Leistungspflicht beurteilen. Eine gute Rechtsberatung (z. B. durch «procap») hat hier schon oft in mühsamen Streitpunkten Hilfestellung gegeben. Zur Beratung und Planung z. B. der beruflichen Entscheidungen sind procap.ch und Pro Infirmis bekannte Anlaufstellen, Frau Stier empfiehlt selbst auch die Stiftung «MyHandicap Schweiz», die neu unter dem positiver formulierten Label «enableme.ch» auftritt. Diese kann dann weiterhelfen, «wenn es die kmsk nicht mehr braucht», d. h. wenn die Patienten volljährig werden. Von «enableme» kommt der Input, dass es im Transitionsprozess sinnvoll wäre, den Patienten ein schlankes, aber aktuell gehaltenes Krankheitsdossier an die Hand zu geben, damit bei unklaren Zuständigkeiten oder Notfallsituationen das notwendige Wissen schnell greifbar bleibt. ■ Begleitende Angebote für Patienten und Eltern, nicht nur für Fragen der Transition ■ procap ■ Pro Infirmis ■ kmsk.ch ■ enableme.ch ■ Insieme ■ Stiftung Cerebral ■ SBH Schweiz ■ Projekt Papillon (Dialog Ethik) Kinderärzt:innen sind diese Organisationen dem Namen nach sicher bekannt, die Tiefe und Vielfältigkeit der Informationen versprechen immer wieder spannenden Wissenszuwachs.
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