KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2024

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 03 / 2024 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 30 1. Wie und wann bereitest du Jugendliche auf den Übergang zu Erwachsenen-Medizinern vor? Alle sind sich einig, dass das im Normalfall ein natürlicher Prozess und bei chronisch Erkrankten wesentlich schwieriger ist. MS versucht die Patienten früh zu sensibilisieren, dass sie ihre Krankheit und die damit verbundenen Besonderheiten erfassen und verstehen können. Dazu kann gehören, den Weg zur Diagnose nochmal nachzuvollziehen und das Wissen darüber zu überprüfen. Letzteres ist für MH auch mittels Fragebogen ein geeigneter Weg. Er regt auch an, die Transition schon im Behandlungsplan des Kindes zu definieren. Von Beginn der Oberstufe an, spätestens mit 16 Jahren, sollte dieses Thema für den Kinderarzt präsent sein. Gut ist natürlich die Eigeninitiative, sich dann einen geeigneten Hausarzt zu suchen (wenn man etwa die Praxis als zu kindlich eingerichtet empfindet). Bei Bedarf einer Spezialistin für die Erkrankung kann bzw. muss die Suche durch Tipps aus dem eigenen Netzwerk ergänzt werden. destens ein halbes Jahr rechnen. Unterstützung dabei bieten weiter unten aufgeführte Institutionen. Ist ein Kind z. B. wegen eines Geburtsgebrechens schon bei der IV registriert, kann zur beruflichen Eingliederung und zum Coaching auf diesem Weg auch gut die IV mit involviert werden. Zu der Frage, wann der beste Zeitpunkt für die Transition sei, gibt es verschiedene Meinungen. Meist wird das Alter zwischen 18 und 20 Jahren genannt. Den Jugendlichen gegenüber argumentiert MS damit, dass beim Kinderarzt für manche danach auftretende Krankheitsbilder die Erfahrung und Diagnosemittel fehlen. MH gibt zu bedenken, dass die Zeit von Lehrabschluss oder Matur nicht ideal ist, da sowieso schon viele Veränderungen Platz einnehmen. Und man solle nicht vergessen, dass auch der Arzt selbst seine ihm vertrauten Patienten loslassen können muss … 2. Welche Hürden für eine erfolgreiche Transition erlebst du? Die grösste Hürde ist eindeutig, eine gute, spezialisierte Anschlusslösung zu finden. Niedergelassene Spezialisten mit Kapazität für neue Patienten sind rar. Für TI bleibt manchmal nur die Betreuung der Erkrankung im Zentrum, was aufgrund der wechselnden Betreuung nicht ideal ist. Auch bei Erwachsenen sollte eine Hausärztin die Fäden in der Hand halten und die Situation überblicken können. PA hat aufgrund der fehlenden Anschlusslösungen tatsächlich 40-jährige Patient:innen in seiner Praxis, die nun mit ihm älter werden und dadurch das Problem evtl. bis zur eigenen, altersbedingten Praxis- Abgabe verschieben. Auch die Jugendlichen selbst lassen das Thema zum Teil schleifen, kommen gerne spontan für Arbeitsunfähigkeit oder bei akuten Sorgen wieder zum vertrauten Arzt. Und vergessen den ernst gemeinten Hinweis auf die Hausarztsuche schnell vor der Praxistüre wieder, wie MS kommentiert. TI gibt auch zu bedenken, dass der Übergang ins Berufsleben für manche Jugendliche im geschützten Bereich einfacher ist als für die, die sich z. B. auf Sekundarniveau durch die Schule gekämpft haben und auf dem ersten Arbeitsmarkt dann weniger Unterstützung finden, als sie bräuchten. 3. Welche Rolle und Verantwortung übernehmen die Jugendlichen? Je selbstständiger die Jugendlichen sind, desto mehr kann ihnen zugetraut werden. So sind bei TI die neurologisch betroffenen Patienten dazu nicht gut in der Lage und brauchen viel elterliche Hilfe, was auch in den anEine Besonderheit ist die Vorbereitung bei Patienten, die auch als Erwachsene eine Betreuung brauchen werden. Es gilt, früh genug an die Errichtung einer Beistandschaft zu denken. TI hat schon oft erlebt, dass das für Eltern ein frustrierender und auch demütigender Prozess sein kann: Nachdem man sein Kind während 18 Jahren in allen Lebenslagen unterstützt und gefördert hat, muss man nun offiziell beweisen und belegen können, dass man zu einer Beistandschaft befähigt sein kann! Diesen bürokratischen Akt muss man gut vorbereiten: Bei der lokalen KESB sollte etwa ab dem 16. Geburtstag des Kindes der Antrag zur Beistandschaft eingereicht werden, wobei man auch genau definieren sollte, was damit gemeint ist. Die Selbstständigkeit sollte ja so weit wie möglich gefördert werden. Es reicht evtl. eine sogenannte Mitwirkungs- oder Vertretungsbeistandschaft. Für den ganzen Prozess muss man min-

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