KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2024

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 03 / 2024 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 22 Der Übergang ist ein vielschichtiger Prozess, der nicht nur die medizinischen Bedürfnisse der Jugendlichen berücksichtigen soll, sondern auch psychosoziale, schulische und berufliche Veränderungen betrifft. Wo es in der Kindheit am Beispiel der urogenitalen Malformation um die Vermeidung aufsteigender Harnwegsinfekte zum Schutz der Nieren ging, werden später Fragen zur Verhütung, Genetik und Reproduktion bis hin zu onkologischen Risiken vordergründig. Häufig gibt es aber aufgrund kleiner Kollektive zu diesen brennenden Fragen nicht klare Studiendaten und Antworten. Diese Unsicherheiten in einer vulnerablen Patientengruppe und in einer vulnerablen Lebensphase sind herausfordernd. Aktuelle Situation Aufgrund der mangelnden Koordinierung und der ungenügend mit dem Thema vertrauten Fachpersonen werden Patientinnen und Patienten bei der Übergabe an die Erwachsenenversorgung unzureichend beraten und behandelt. Diese unzureichende Versorgung kann dazu führen, dass die Jugendlichen die Therapien abbrechen, Medikamente nicht einnehmen und sich alleine gelassen fühlen. Der «normalen» Gynäkologie, so wie ihre Alterskolleginnen, fühlen sie sich nicht zugehörig. Eventuell haben sie auch schon irritierende oder unsichere Bemerkungen von mit Malformationen wenig vertrauten medizinischen Berufsgruppen gehört. Die fehlende Koordination kann dazu führen, dass die Überleitung in die Erwachsenenversorgung ungeplant erfolgt. Nicht selten findet gar keine Nachsorge mehr statt und wichtige medizinische Informationen gehen verloren. Zu späte Notfallkonsultationen sind die Folge mit unbefriedigender Behandlung für die Betroffenen und eventuell irreversibler Schädigung von Organen. Auf der psychologischen Seite ist eine gute Begleitung genauso wichtig wie die somatisch-medizinische Betreuung. Gerade hier besteht aber eine grosse Versorgungslücke und auf einen Termin bei einer entsprechenden Fachperson muss Monate bis über ein Jahr gewartet werden, was zu lange ist für Jugendliche in einer sensiblen Lebensphase. PD DR. MED. MAYA HORST LÜTHY FACHÄRZTIN FÜR KINDERCHIRURGIE FMH, CHEFÄRZTIN UROLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: maya.horst@kispi.uzh.ch PROF. DR. MED. CORNELIA BETSCHART MEIER FACHÄRZTIN FÜR GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE FMH, LEITENDE ÄRZTIN, KLINIK FÜR GYNÄKOLOGIE, UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: cornelia.betschart@usz.ch DR. MED. UCHENNA KENNEDY FEAPU, FACHÄRZTIN KINDERCHIRURGIE FMH, OBERÄRZTIN KINDERUROLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: uchenna.kennedy@kispi.uzh.ch DR. MED. KERSTIN RUOSS FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, LEITENDE ÄRZTIN, ABTEILUNGSLEITERIN KINDER- UND JUGENDGYNÄKOLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: kerstin.ruoss@kispi.uzh.ch Der Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter stellt bei Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen eine besondere Anforderung an die Betroffenen selber, ihre Familien und das Behandlungsteam dar. Schätzungen zeigen, dass unter Einbezug aller chronischen Erkrankungen rund 10% der Jugendlichen unter 18 Jahren einen Bedarf an einer Transition von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin haben. Transition als vielschichtiger Prozess am Beispiel der Transitionssprechstunde für junge Menschen mit urogenitalen Malformationen In der Adoleszenz müssen sich die jungen Patient:innen nicht nur mit einer chronischen Krankheit auseinandersetzen, sondern auch mit drängenden Fragen zu ihrer Sexualität, der Verhütung, der Schule, Planung des beruflichen und privaten Lebens und evtl. dem Auszug aus dem Elternhaus. Hier wäre eine umfassende medizinische und psychosoziale Begleitung vonnöten, deren Grundzüge bestens bekannt, aber in der Versorgung noch nicht genügend umgesetzt sind. Was bedeutet eine gute Transition? Eine gute Transition bedeutet, den Anforderungen der jungen Menschen gerecht zu werden, sie individuell nach ihrem Entwicklungsstand abzuholen, medizinische Folgeprobleme im Auge zu behalten und altersgerecht zu informieren. Hierzu können ganz verschiedene Fachgruppen von Bedeutung sein und ein enger Austausch untereinander ist für die Koordination unabdingbar (siehe Abbildung 1). Abbildung 1: Medizinisches Transitionsnetzwerk von Jugendlichen mit urogenitalen Malformationen Quelle: Cornelia Betschart Swiss Network Urogenital Malformation Spezialisierte Pflege Kinder- und Jugendgynäkologie Kinderurologie Psychiatrie/ Psychologie Urogynäkologie Urologie Reproduktion smedizin Plast. Chirurgie Genetik

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