KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2024

03 / 2024 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 19 Von der Diagnose zur Volljährigkeit Die Diagnose eines Geburtsgebrechens, von Fehlbildungen oder einer chronischen Krankheit stellt eine Familie oftmals vor eine überaus belastende Ausnahmesituation. Dank einer gelingenden Zusammenarbeit zwischen Kinderärzt:innen, einem interdisziplinären, multiprofessionellen Team und der Familie wird vormals Unfassbares aber nach und nach verständlich, greifbar und machbar. Gut koordinierte Sprechstunden, Hilfsmittel und Therapien ermöglichen Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt eines Enablings Schritt für Schritt eine Teilhabe und Teilnahme am Leben, typischerweise (teil)finanziert durch die Invalidenversicherung (IV). Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter ändert sich jedoch die Situation abrupt. Die IV und die Kostenträger gehen fortan davon aus, dass Betroffene durch Erwerb teilweise oder ganz zum System beitragen und die Betreuung durch die Pädiatrie wird definitionsgemäss an Strukturen der Erwachsenenmedizin abgegeben. Der Wechsel vom fürsorglich fördernden Biotop der Kinder- und Jugendmedizin zu einer auf schnelles Wiederherstellen ausgerichteten Erwachsenenmedizin versetzt die ERHART VON AMMON BETROFFENER VATER, VORSTAND DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR TRANSITIONSMEDIZIN, GESCHÄFTSFÜHRER transition1525.ch, ZÜRICH Korrespondenzadresse: erhart.von.ammon@ transition1525.ch Kinder mit Geburtsgebrechen, Fehlbildungen oder chronischen Erkrankungen finden in der Kinder- und Jugendmedizin viel Aufmerksamkeit und fürsorgliche Betreuung. Mit 18–20 Jahren steht dann der Wechsel in die Erwachsenenmedizin an – für Betroffene mit schwerwiegenden und mehrfachen Behinderungen häufig eine grosse Herausforderung. Eine geordnete und rechtzeitig geplante Transition ist unbedingt zu empfehlen. Transition und wie weiter? Betroffenen in eine andere Welt – eine Welt, in der gemäss meiner Erfahrung als betroffener Vater und Geschäftsführer des Vereins transition1525.ch eine gute Vorbereitung zum massgeblichen Erfolgsfaktor wird. Take Home: Der Wechsel, wenn er überhaupt geordnet stattfindet, ist für Betroffene sehr einschneidend und mit Ängsten verbunden. Die Transition ist ein wichtiger Teil der Professionalität der Kinder- und Jugendmedizin. Optimierter Prozess der Transition Pädiater:innen bieten eine sehr fürsorgliche und unterstützende Begleitung von heranwachsenden jungen Menschen – oft auch über das 18. Lebensjahr hinaus. Gerade bei universitären Zentren und grossen Spitälern kann es sein, dass eine Behandlung über das 18. Lebensjahr durch Weisungen unterbunden wird. In beiden Settings ist eine rechtzeitige, strukturierte Vorbereitung auf den Wechsel notwendig. Erstinformation Bereits mit 14 Jahren – rechtzeitig vor ersten Entscheiden für weitere Ausbildung, Beruf oder weiterführende Betreuung – sollte umfassend und redundant – durch Pädiater:in, Spital, Therapie, Schule und Sozialberatung – informiert werden. Dazu gehört auch, zu hinterfragen, ob die Informationen verstanden wurden. Informationsgespräch – spätestens mit 17 Jahren. Ein erstes Transitionsgespräch mit der fallführenden Disziplin und/oder einem spezialisierten Casemanagement informiert den jungen Menschen und seine Familie über das Ziel, den Inhalt und den Ablauf der Transition. Es können bereits jetzt offene Fragen angesprochen werden. Manchmal braucht es auch ein zweites Gespräch, bevor die Familie oder die Fachpersonen bereit sind für Illustrationen: Erhart von Ammon

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