KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2024

02 / 2024 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 41 nügend. Sollte bei der Blutbilduntersuchung der noch nicht diagnostizierten Kinder ein MCV unter 60 resultieren, würde ich spätestens im jugendlichen Alter eine Elektrophorese durchführen. Dies im Hinblick auf die Beratung bei Kinderwunsch. Bei Beta-Thalassemia minor ist dies meistens die einzig relevante Konsequenz, nämlich das Wissen über das Vorhandensein der Thalassemia minor im Hinblick auf einen möglichen Kinderwunsch. Es erscheint mir heutzutage von grosser Wichtigkeit, eine gute genetische Beratung durchzuführen. Dies auch im Hinblick auf die Durchmischung der verschiedenen Ethnien. Da ist es durchaus möglich, dass Situationen mit Compound-Thalassämien, z. B. Beta minor- und HbH-Thalassämie auftreten können, welche dann eine klinische Relevanz für die betroffenen Kinder darstellen. Und so kann es durchwegs verschiedenste Compound-Situationen geben mit mehr oder weniger bedeutsamer klinischer Relevanz für die Betroffenen. Sind beide Elternteile mit vorhandenem Kinderwunsch von einer Thalassämie betroffen, bedeutet das nicht von vorneweg, dass sich die Betroffenen trennen sollten oder kinderlos bleiben müssen. In dieser klinischen Situation ist eine akkurate genetische Beratung äusserst sinnvoll. ■ Gibt es generelle Empfehlungen für «ThalassämieKinder»? Die allermeisten Kinder mit einer Beta-Thalassemia minor brauchen keinerlei Einschränkungen in Bezug auf Ernährung, Sport, Schule usw. Es bestehen ausser dem meist leicht erniedrigten Hämoglobinwert und dem meist deutlich erniedrigtem MCV keinerlei Einschränkungen gegenüber nicht betroffenen Kindern. Es ist sicher sinnvoll, bei durchgeführter Diagnostik den entsprechenden Thalassämie-Pass auszustellen resp. den Eltern abzugeben, um eine unnötige wiederholte Diagnostik zu riskieren, sollten sich die betroffenen Kinder aus irgendeinem Grund z. B. auf der Notfallstation eines Spitals einfinden. Somit kann generell gesagt werden, dass Kinder mit Thalassemia minor absolut gleich zu behandeln sind wie andere gesunde Kinder. Wie bereits erwähnt empfehle ich zu gegebener Zeit resp. spätestens im Adoleszentenalter mit den Betroffenen über die genetische Bedeutung bei Kinderwunsch zu sprechen. ■ Wie reagieren Familien auf die Diagnose? Wenn wir beim Beispiel der Beta-Thalassemia minor bleiben, ist die Diagnose nicht selten bereits in der Familie bekannt. Handelt es sich um eine Neudiagnose, verursacht dies anfänglich sehr häufig Verunsicherung und braucht mehrmalige Termine zur Erklärung resp. Erläuterung der Diagnose und in einer weiteren Konsultation zur Erläuterung der klinischen Bedeutung, welche meistens zu keinen Einschränkungen im Alltag führt und in einer weiteren Besprechung über die späteren möglichen relevanten Konsequenzen bei Kinderwunsch. Aus meiner Erfahrung lässt sich dies in mehreren Konsultationen sehr gut umsetzen und führt zu einer Beruhigung der anfänglichen Verunsicherung, vor allem wenn wir den Eltern genug Raum für ihre Fragen geben. ■ Die Thalassämie-Abklärungen mache ich seit jeher im Zentrallabor des KSA Aarau. Historisch gesehen hat dieses Labor die längste Erfahrung und ist sehr zuverlässig; es stellt zudem einen Thalassämie-Pass aus. (Anmerkung der Redaktion: Auch andere Labore stellen entsprechende Pässe aus.) Rahel, 14 Jahre

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