KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2024

02 / 2024 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 31 DR. MED. ALESSANDRA BOSCH FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, SCHWERPUNKT PÄDIATRISCHE ONKOLOGIEHÄMATOLOGIE, OBERÄRZTIN ABTEILUNG HÄMATOLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: alessandra.bosch@ kispi.uzh.ch PROF. DR. MED. MANUELA ALBISETTI PEDRONI FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, LEITENDE ÄRZTIN, LEITERIN HÄMOPHILIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: manuela.albisetti@ kispi.uzh.ch Thromboseprophylaxe im Kindesalter Bei Erwachsenen liegen klare Richtlinien über die Thromboseprophylaxe vor. Es stellt sich zunehmend die Frage, ob die gleichen Bedingungen auch für pädiatrische Patienten gelten sollten. Daten und Indikationen für eine Thromboseprophylaxe bei Kindern ohne vorherige Thromboseanamnese sind jedoch sehr begrenzt und nicht gut belegt. Zudem unterscheidet sich die Pathophysiologie der Thrombosen bei Kindern wesentlich von der Pathophysiologie bei Erwachsenen, und das absolute Risiko einer Thrombose bei Kindern ist deutlich geringer im Vergleich zu Erwachsenen. Das Risiko-Nutzen-Verhältnis einer Thromboseprophylaxe bei Kindern ist daher ungünstig und richtet sich nach der Anzahl und Art der Thrombose-Risikofaktoren, ob die Risikofaktoren vorübergehend oder chronisch sind, und nach dem Blutungsrisiko unter Antikoagulation. Der Entscheid zur Thromboseprophylaxe im Kindesalter soll grundsätzlich auf individueller Basis stattfinden und auf Kinder beschränkt sein, die im pubertierenden Alter sind, mehrere Risikofaktoren aufweisen und kein hohes Risiko für Blutungskomplikationen haben. Tabellen 1 und 2 geben pragmatische Hinweise dazu. Wenn die Entscheidung für eine Thromboseprophylaxe getroffen wird, ist niedermolekulares Heparin (NMH) in der Regel das bevorzugte Mittel, da mit diesem Wirkstoff mehr Erfahrung vorliegt. Bei kritisch-kranken, instabilen Patienten kann zur Prophylaxe unfraktioniertes Heparin in einer Dosis von 10IE/kg/Std. anstatt NMH verabreicht werden. Generell sind keine Anti-Xa-Messungen nötig. Es gibt nur wenige Daten über die Verwendung direkter oraler Antikoagulanzien (DOACs) zur primären Thromboseprophylaxe bei pädiatrischen Patienten. DOACs sind bei Kindern für diese Indikation nicht zugelassen. ■ Mögliche Thrombose-Risikofaktoren bei Kindern/Jugendlichen: ■ Thrombose in der persönlichen oder Familienanamnese ■ Bekannte Thrombophilie ■ Adipositas (BMI >30) ■ Anwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva ■ Zentralvenenkatheter ■ Lange Immobilisation (> 48 Stunden)/Ruhigstellung mit Gips ■ Kinder mit malignen Erkrankungen ■ Schweres Trauma ■ Schwere Dehydratation ■ Schwere systemische oder lokale Infektion ■ Metabolischer/syndromaler Zustand ■ Intensivpflegerische Behandlung Risikofaktoren Prophylaxe mit NMH (Enoxaparin) s.c. Keine Pubertät In der Regel keine oder in Absprache mit Hämatologie Pubertät 0–2 Risikofaktoren In der Regel keine oder in Absprache mit Hämatologie 3 Risikofaktoren 0.5mg/kg 24-stündlich, max. 20 mg 24-stündlich ≥ 4 Risikofaktoren 0.5mg/kg 12-stündlich, max. 20mg 12-stündlich ODER 1mg/kg 24-stündlich, max. 40mg 24-stündlich Zeichnung: Moritz Kessler Tabelle 1: Mögliche Thrombose-Risikofaktoren bei Kindern/Jugendlichen Tabelle 2: Thromboseprophylaxe im Kindesalter nach Risikofaktoren

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