KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2024

FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL 02 / 2024 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 30 DR. MED. ALESSANDRA BOSCH FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, SCHWERPUNKT PÄDIATRISCHE ONKOLOGIEHÄMATOLOGIE, OBERÄRZTIN ABTEILUNG HÄMATOLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: alessandra.bosch@ kispi.uzh.ch PROF. DR. MED. MANUELA ALBISETTI PEDRONI FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, LEITENDE ÄRZTIN, LEITERIN HÄMOPHILIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: manuela.albisetti@ kispi.uzh.ch Thrombophilieabklärung im Kindesalter Die Entscheidung zur Durchführung einer Thrombophilie-Abklärung bei gesunden Kindern soll grundsätzlich zurückhaltend sein und individuell getroffen werden. Dabei soll die Familie über die möglichen Vor- und Nachteile und wie die Resultate die medizinische Behandlung des Kindes beeinflussen könnten, ausführlich informiert werden. Ohne eine entsprechende Beratung macht eine Thrombophilie-Abklärung in der Praxis keinen Sinn. Anmerkung unseres Co-Editors Dr. med. Pierino Avoledo: Es ist einfach wichtig, im Alltag in der Differenzialdiagnose auch an Thrombophilie zu denken, wenn Jugendliche mit entsprechenden Symptomen unsere Sprechstunde konsultieren. Bei Thrombophilie-Abklärungen in der Praxis soll auch die Präanalytik beachtet werden. Die Prävalenz einer angeborenen Thrombophilie bei Kindern variiert stark und liegt je nach untersuchter Population zwischen 10% und 60%. Die Prävalenz ist am höchsten bei Kindern mit unprovozierter Thrombose und am niedrigsten bei Patienten mit einer Zentralvenenkatheter-assoziierten Thrombose. 1. Kinder mit Thrombose Bei Kindern, die eine Thrombose erlitten haben, sollten vor einer Thrombophilieabklärung verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit einer angeborenen Thrombophilie ist klein, da die meisten pädiatrischen Thrombosen im Zusammenhang mit Grunderkrankungen oder auslösenden Risikofaktoren stehen und somit provoziert sind. Das Vorliegen einer angeborenen Thrombophilie hat kaum Einfluss auf die Art und die Dauer der Antikoagulationstherapie. Bei Kindern mit Thrombosen soll deshalb nur eine Thrombophilie-Abklärung in Erwägung gezogen werden, wenn es sich um eine unprovozierte oder Rezidiv- Thrombose gehandelt hat bzw. wenn es eine positive Familienanamnese für Thrombosen gibt. 2. Kinder ohne Thrombose mit positiver Familienanamnese In den letzten Jahren ist das unkontrollierte Screening gesunder Familienmitglieder eines Indexpatienten mit Thrombose und/oder angeborener Thrombophilie deutlich in den Hintergrund geraten. Generell ist das Thromboserisiko bei gesunden Kindern sehr klein. Der Nachweis einer angeborenen Thrombophilie bei solchen Kindern hat weder therapeutische noch prophylaktische Konsequenzen, denn diese Information hat keine Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes. Molekulargenetische Untersuchungen ohne einen eindeutig nachgewiesenen Nutzen bei Kindern, welche oft weder die Reife noch das Verständnis für solche Tests haben, stellt ein ethisches Dilemma dar. Im Falle von Familienmitgliedern mit Thrombose, bei denen keine Thrombophilie-Abklärung durchgeführt wurde, können negative Ergebnisse beim Kind ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln. ■ Valentina, 9 Jahre

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