KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2024

02 / 2024 FRÜHLINGSTAGUNG KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 21 Ärzt:innen Referat 2: Update Harnwegsinfektionen Fieber ohne Fokus? Dann schauen Sie sich den Urin an! Update Harnwegsinfektionen Zu später Stunde durften wir von Michael Büttcher eine präzise und lehrreiche Übersicht über die aktuellen Konsensus Guidelines1, 2 zur Behandlung von Harnwegsinfektionen erhalten. Der Vortrag fokussierte auf fünf Lernziele, die ich hier kurz zusammenfasse. 1. Risikofaktoren sind neben angeborener Missbildung und einer funktionellen Miktionsdysfunktion insbesondere das Alter von < 3. LM für männliche, nicht zirkumzidierte kaukasische Säuglinge. Bei bakterieller Ursache von Fieber ohne Fokus (FOF) bei Säuglingen sind HWI in bis zu 80% nachgewiesen. Häufigste Ursache sind uropathogene E. coli (UPEC) und Enterokokken bei jungen Säuglingen, seltener Proteus, Klebsiella und Pseudomonas. Und auch bei normalem pränatalem Nierenultraschall kann es zu einem HWI kommen. 2. Diagnostik beinhaltet immer Gewinnung eines sauberen Urins zur Analyse und Kultur. Beutelurin kann bei Kindern < 2. LM nur zum Ausschluss eines HWI benutzt werden. Am besten und einfachsten gelingt die Diagnostik mit der suprapubischen Blasenpunktion – nicht dem Katheterurin –, wozu es ein gutes Teachingvideo gibt3. Michael ermunterte uns, diese einfache Methode auch in der Praxis umzusetzen. Bei Kindern < 3. LM in schlechtem AZ ist auch bei nachgewiesenem HWI eine LP notwendig. Streifentests haben Fehlermöglichkeiten, welche unerkannt zu falschen und unnötigen Behandlungen oder Kontrollen führen können. Dazu gehören falsch pos. oder neg. Werte bei den Messfeldern für Lc, Nitrit, Prot und Ec. Einzig die sauber gewonnene Urinkultur bringt Klarheit für Sinn und Auswahl der Therapie. 3. Die Behandlung umfasst in erster Linie Antibiotika. Bei Säuglingen < 2. LM wird initial i.v. behandelt. Für die Cystitis können Co-Amoxicillin oder Cotrimoxazol für 3 Tage, bei Pyelonephritis Co-Amoxicillin oder Cefpodoxim (leider kein Sirup vorhanden!) genommen werden. Eine Umstellung nach AB Resistenzmessung ist häufig auf Amoxcillin allein möglich und sinnvoll. Bei gutem Verlauf sind keine Routinekontrolle und Diagnostik sinnvoll. Eine Sonografie ist bei erstem HWI und MCUG nur bei auffälliger Sonografie notwendig. Letztere kann zeitnah durchgeführt werden, nicht wie früher gemeint erst nach 4 Wochen. 4. Die Prophylaxe hat sich wegen neuer Daten zum Verlauf geändert. Bei mildem Reflux sind eine AB- Prophylaxe und auch eine chirurgische Therapie nicht indiziert. Sie haben leider keinen Benefit auf das relevante Outcome der Nierenfunktion oder Narbenbildung gezeigt. 5. Zum Schluss erinnerte uns Michael nochmals daran, an die gut behandelbaren Ursachen für HWI zu denken und diese auch zu therapieren: Miktionsstörung, Urethritis, BBD (bladder and bowel dysfunction) und Obstipation. Bei rez. HWI gibt es gute Daten zur Therapie mit Cranberrysaft, nicht hingegen für diverse Probiotika. Weitere Unklarheiten und Fragen hat Michael Büttcher in der rege besuchten Fragezeit beantwortet. Danke für dieses sinnvolle Update. ■ 1 https://www.paediatrieschweiz.ch/konsensus-empfehlungen- behandlung-padiatrischen-harnwegsinfektionen-2020/ 2 https://pigs.ch/publications/ 3 DOI:10.1056/NEJMvcm1209888 REFERENT: KD DR. MED. MICHAEL BÜTTCHER Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH und Facharzt für Infektionskrankheiten FMH, Leitender Arzt pädiatrische Infektiologie und Pädiatrie, Leiter Studienzentrum am Kinderspital, Luzerner Kantonsspital, Luzern AUTOR: DR. MED. RAFFAEL GUGGENHEIM Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Mitglied Redaktionskommission, Zürich Korrespondenzadresse: kinderarztpraxis.friesenberg@ hin.ch Foto: Yasmin Yahya

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