KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2024

FRÜHLINGSTAGUNG 02 / 2024 KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 20 Ärzt:innen Referat 1: Hydronephrose Hydronephrose als Herausforderung: von pränataler Diagnose und postnatalem Management Mit einem verschmitzten Lächeln bedankt sich Frau PD Dr. med. Maya Horst bei KIS, dass sie aus der chirurgischen Zunft zu einer Veranstaltung für Kinderärzt:innen eingeladen wurde. So wurden dann in dem schlüssigen Übersichtsvortrag zu Hydronephrose auch die Operationstechniken nur am Rande gestreift, mit für uns verständnisfördernden und praxisrelevanten Erläuterungen. Hydronephrosen diagnostizieren wir ja selten – ausser vielleicht ambitionierte Kolleg:innen, wenn sie beim Hüftultraschall die Sono-Sonde schweifen lassen. Als Antwort auf eine Publikumsfrage gibt Frau PD Dr. med. Horst in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass bisher dadurch kaum eine relevante Hydronephrose entdeckt worden sei, und dies selbstverständlich potenziell zu Verunsicherung der Eltern führen kann. In den meisten Fällen ist den motiviertesten Praxispädiater:innen die intrauterine Sonografie überlegen. Über das Management einer pränatal diagnostizierten Hydronephrose gibt https://swisspu.clubdesk.com Auskunft. Fetale Hydronephrosen sind mit ca. 1:100 häufig. Zum Glück sind davon ca. 50% passager bzw. brauchen insgesamt ca. 50 bis 70% der Kinder nie eine Therapie. Als Ursache für die pränatale Hydronephrose teilen sich die Ureterabgangsstenose (UAS) und der Vesiko-Uretrale Reflux (VUR) zu je ca. der Hälfte die Verantwortlichkeit. Die UAS benötigt keine antibiotische Prophylaxe, aber grosszügige Behandlung bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion. Eine schlussendlich operative Versorgung ist in ca. 20 bis 30% der Fälle nötig. Symptome können auch erst bei grösseren Kindern auftreten: mit Flankenschmerzen (u. a. nach grösserer Trinkmenge), Nephrolitiasis oder natürlich Harnwegsinfektionen – auch wenn die Hydronephrose einst ausgewachsen war. Beim VUR ist eine antibiotische Prophylaxe notwendig, um die Hydronephrose «steril» zu halten, denn so kommt es nicht zu einer Nierenschädigung. Je nach Schweregrad des VUR kann sich dieser auch im ersten Lebensjahr häufig «auswachsen» (Grad I-III zu ca. 80%; Grad IV-V zu ca. 40%). Erlittene Harnwegsinfektionen nach dem ersten Geburtstag des Kindes erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer nötigen operativen Therapie. Bei Jungen kann die Zirkumzision eine prophylaktische Massnahme darstellen und sollte in aller Regel bei erlittenen Durchbruchsinfekten oder bereits bestehender Nierenschädigung von den Krankenkassen übernommen werden. Bei Mädchen wird die Labiensynechie nur in ausgeprägten Fällen mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen behandelt, vor allem solange noch Windeln getragen werden, da die Synechie in diesem Fall oft nach der Therapie rezidiviert. Bei Mädchen nach «überstandenem» VUR besteht später ein erhöhtes Risiko für eine Harnwegsinfektion, wenn sie sexuell aktiv bzw. schwanger werden. Ein generelles Screening der Geschwister eines Kindes mit VUR ist nicht angebracht und steht trotz familiärer Häufung nicht in Relation zum Aufwand (MCUG). Posteriore Uretralklappen sind selten und es sind schwere Komplikationen möglich. Es kann aber auch vorkommen, dass diese erst im Kleinkindesalter bei ausbleibendem Trockenwerden entdeckt werden, durch eine bereits eingetretene Blasenveränderung (z. B. Fibrose) und veränderte Blasenwahrnehmung aufgrund der schon so lange andauernden Miktion gegen Widerstand. Wertschätzend hat Frau PD Dr. med. Horst unsere Beratung und Begleitung dieser Patienten herausgestrichen und zusammengefasst (siehe Illustration 1). Besonders erwähnt hat sie die Anpassung der antibiotischen Prophylaxe an das Gewicht, vor allem bei den unter Umständen rasant zulegenden Säuglingen, der sparsame Gebrauch von NSAR bis sogar der Verzicht darauf, insbesondere bei Patient:innen mit bereits vorhandener Nierenschädigung, und aufgrund der möglichen Konsequenzen in der chirurgischen Weiterbehandlung des Kindes «saubere» Diagnostik bei einer vermuteten Harnwegsinfektion, immer mit Kultur. ■ REFERENTIN: PD DR. MED. MAYA HORST LÜTHY Fachärztin für Kinderchirurgie FMH, Fellow of the European Academy of Paediatric Urology, Chefärztin Kinderurologie, UniversitätsKinderspital Zürich AUTOR: DR. MED. MATTHIAS FERRETTI Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Mitglied Redaktionskommission, Winterthur Korrespondenzadresse: m.ferretti@hin.ch Kinder mit Hydro(uretero)nephrose in der Praxis NSAR nicht oder sparsam einsetzen! Febrile HWI • Urindiagnostik inkl. Kultur • behandeln • Zentrum informieren Bei Schmerzen oder febrilem HWI Austausch mit Zentrum Probleme mit dem Trockenwerden frühzeitig angehen Dosis der ABProphylaxe dem Gewicht anpassen Aufklärung jugendlicher Mädchen mit St.n. VUR betreffend erhöhtem HWI-Risiko Eltern über Symptome eines HWI aufklären Eltern begleiten und beraten So wenig Antibiotika wie möglich Illustration 1: Kinder mit Hydro(uretero)nephrose in der Praxis Illustration: Maya Horst Kinder mit Hydro(uretero)nephrose in der Praxis

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