KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2023

01 / 2023 FORTBILDUNG: THEMENHEFTTEIL KINDERÄRZTE. SCHWEIZ 39 len mit sichtbarem respiratorischem Effort in den Thorax- und Bauchableitungen, oft mit paradoxer Atmung, und wird sowohl mit als auch ohne Desaturation gescort1. Bei der obstruktiven Hypopnoe muss der Atemfluss um mehr als 30 % über ≥2 Atemzyklen abfallen bei sichtbarem respiratorischem Effort und einer Entsättigung von ≥3 % (oder einem Arousal im EEG). Die zentrale Apnoe ist definiert als Abfall des Atemflusses um mehr als 90% über ≥2 Atemzyklen ohne sichtbare Thorax- und Bauchwandbewegungen und einer Entsättigung von ≥3 % (oder einem Arousal im EEG). Gemischte Apnoen sind möglich. Aus den respiratorischen Ereignissen wird der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) berechnet; der OAHI beschreibt den rein obstruktiven Anteil der Ereignisse. Der AHI beträgt bei gesunden Kindern jenseits des Säuglingsalters 2/Stunde; der Cut-off für den OAHI ist altersunabhängig mit 1/Stunde definiert. Je höher der OAHI ist, desto schwerer ist die OSA. Das Scoring der Ereignisse muss manuell unter Durchsicht der ganzen abgeleiteten Schlafzeit des Kindes erfolgen; ein reines geräteseitiges Autoscoring führt zu einem deutlich verfälschten Befund und ist nicht zielführend. OSA bei Trisomie-21: Diagnosestellung und Therapie Die Prävalenz eines OSAS bei Kindern und Jugendlichen mit Trisomie-21 wird in der Literatur je nach Studie mit 53–100 % angegeben, wobei es hier häufig zu einer Kombination von oberer Atemwegs-Obstruktion (begünstigt durch Mittelgesichtshypoplasie, Mikro-/Retrognathie, Adenoid-/Tonsillenhyperplasie) und einer muskulären Hypotonie kommt1,2. Die OSA kennt verschiedene Ausprägungen, wie sie in Tabelle 4 sowie Abbildung 2 und 3 dargestellt sind. Nach den aktuell verfügbaren Leitlinien zur Trisomie-212,3 ist eine Schlafuntersuchung bei allen Kindern und Jugendlichen mit Trisomie-21 indiziert, wenn sich klinische Hinweise für eine OSA ergeben. Darüber hinaus soll in den ersten zwei Lebensjahren2 bzw. zwischen dem dritten und vierten3 Lebensjahr bei jedem Kind mit Trisomie-21 ein Screening mittels Polygrafie bzw. Polysomnografie erfolgen, da eine typische OSA-Symptomatik fehlen kann und sich effektive Behandlungsmöglichkeiten ergeben können. So können sich Lebensqualität, Tagesmüdigkeit und kognitive Leistungen unter/nach einer OSA- Behandlung mittels Adenotonsillektomie (ATE) und/ oder einer nichtinvasiven Beatmung (NIV; in erster Linie via CPAP) verbessern; hierdurch können zudem Komplikationen eines OSAS vermieden werden2,3. Bei Nachweis eines OSAS sollte deshalb immer zunächst eine HNO-ärztliche Abklärung erfolgen. Gegebenenfalls kann zunächst ein Versuch mit topischen nasalen Steroiden gemacht werden, bevor eine ATE angestrebt wird. Abbildung 1: Setup einer respiratorischen Polygraphie, am Beispiel des Nox T3© Polygraphiegerätes. Tragbarer *Schlafmonitor mit Befestigungsklemmen (z.B. an Pyjama) sowie integrierter Brustwandableitung und Kabelverbildung zur **Bauchwandableitung, •Gurte zum Befestigen von Gerät (ventraler Thorax) und Bauchwandableitung, ••Nasenvelo für nasale Flussableitung. Nicht im Bild: SpO2-Monitor mit Finger-Ableitung für Handgelenk (Verbindung zu Polygraphiegerät via Bluethooth). Ebenfalls nicht im Bild: EKG-Elektroden (optional). Foto: Andreas Jung Für eine Beurteilung komplexer Atemstörungen wie in allen anderen in Tabelle 2 aufgeführten Erkrankungen ist die Durchführung einer Polysomnografie (PSG) in einem zertifizierten pädiatrischen Schlafzentrum empfohlen, da hierbei für die Beurteilung wichtige zusätzliche Parameter abgeleitet werden können (z. B. CO2, EEG, Schlafstadien). Die Unterschiede zwischen der Polygrafie und der Polysomnografie zeigt Tabelle 3. Eine reine nächtliche Pulsoxymetrie ist als alleinige Untersuchung auf eine schlafbezogene Atemstörung ungeeignet, da lediglich Desaturationen erfasst werden können. Ableitungen bei respiratorischer Polygrafie und Polysomnografie Respiratorische Polygrafie Polysomnografie, zusätzlich Nasaler Fluss Atemfrequenz und Herzfrequenz Sauerstoffsättigung EKG Körperlage Brustwand- und Thorax-Bewegung Audio-Signal CO2 EEG (incl. Schlafstadien) Elektromyogramm (EMG) Elektrookulogramm (EOG) Beinbewegung Video-Signal In der Schlafuntersuchung lassen sich obstruktive von zentralen Atemstörungen unterscheiden. Die obstruktive Apnoe ist gekennzeichnet durch einen Abfall des Atemflusses um mehr als 90% über ≥2 AtemzykTabelle 3

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