JAHRESTAGUNG 04 / 2022 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 34 Workshop Ärztinnen und Ärzte 14: Logopädie Unterstützte Kommunikation bei Entwicklungsstörungen – ein Überblick In der Einführung erhielten wir einen Überblick über die Kommunikation im Allgemeinen. Sie besteht aus Sender und Empfänger und umfasst 3 Teile: Inhalt (was wird kommuniziert?), Funktion (wozu wird kommuniziert?) und Form (wie wird kommuniziert?). Bei der Form kann es sich zum Beispiel um Lautsprache, Schriftsprache oder um körpereigene Sprache wie Mimik und Gestik handeln. Die Unterstützende Kommunikation (UK) ist ein Sammelbegriff für alle Massnahmen, die bei Menschen mit unzureichenden oder fehlenden lautsprachlichen Fähigkeiten dazu beitragen, Kommunikation und Mitbestimmung zu verbessern. Entgegen dem weitverbreiteten Mythos unterstützt die UK den Lautspracherwerb und soll so früh wie möglich eingesetzt werden. Formen der UK sind unterteilbar in die körpereigene und die externe Kommunikation. Unter der körpereigenen Kommunikation versteht man Mimik, Gestik, Blickbewegungen und Gebärden. Die externe Kommunikation unterteilt man in nicht-elektronische Formen wie Bilder, Fotos und Kommunikationstafeln und elektronische Formen wie Sprachausgabegeräte. Für Kinder mit kognitiven Einschränkungen eignen sich die Porta-Gebärden. Diese findet man unter www.tanne.ch/porta. Sie unterstützen das SprachREFERENTIN: CHIARA HANSER Dipl. Logopädin BA, MSc, NDT-Therapeutin, tätig in eigener Praxis in Zürich MODERATION: DR. MED. FELICITAS GANTER Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, spez. Entwicklungspädiatrie, Praxispädiaterin in Zürich und Oberärztin am Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) in Winterthur AUTORIN: DR. MED. ALEXANDRA HOLENWEG Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Kinderarztpraxis Langenthal Korrespondenzadresse: alexandra.holenweg@hin.ch verständnis und können als alternative Kommunikationsform eingesetzt werden. Ein weiteres grosses Angebot der UK findet man unter www.active-shop.ch. Komplexere elektronische Hilfsmittel wie Tablets werden personalisiert und sollen dem Kind zur Kommunikation dienen (nicht zum Erlernen der Sprache). Diese werden in der Regel durch die Logopädie, FED oder Heilpädagogen organisiert und es benötigt eine Abklärung durch eine Fachperson einer UK-Beratungsfirma. Für ein Gelingen der UK muss auch das Umfeld miteinbezogen werden. ■ Team-Workshop für Ärztinnen /Ärzte und MPAs 1: Genderfragen Transkinder, Geschlechtervarianz und geschlechtliche Vielfalt: Welche Rolle spielt die Pädiatrie? In diesem spannenden Workshop setzten wir uns mit der Frage auseinander: «Was macht Geschlecht aus?» Es geht hier um viel mehr als um die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale, sondern auch um Körper, soziale Interaktion, Persönlichkeit, Kleidung und Styling. Geschlecht beinhaltet die angeborene, empfundene Identifikation als männlich oder weiblich, die nicht zwingend mit dem Körper oder dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen muss. Die Bedeutung der Geschlechtsidentität hat für den Einzelnen keine Bedeutung, sofern diese von der Person selbst als passend empfunden wird. Die Diagnose Transidentität veränderte sich im Wandel der Zeit in der Begrifflichkeit. Früher sprach man von «Transsexualismus», heute von «Geschlechtsinkongruenz». Das Gegenteil von «transgender» (Geschlechtsidentität stimmt nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen [biologischen] Geschlecht überein) ist «cisgender» (Übereinstimmung der Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt [biologisch] zugewiesenen Geschlecht). REFERENT: LIC. PHIL . HANNES RUDOLPH Psychologe, Gründungsmitglied Transgender Network Switzerland, Leiter Fachstelle für trans Menschen, Zürich MODERATION: DR. MED. KARIN PEIER HARBAUER Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxispädiaterin in Winterthur AUTORIN: ANGELA FRIEDRICH dipl. Pflegefachfrau HF in der Praxis Dr. med. Irene Fietz, Bern Korrespondenzadresse: angela.friedrich@hotmail.ch Neben dem psychologischen Aspekt wurde auch der medizinische Aspekt beleuchtet. Wichtig ist, dass man im Zweifelsfalle mit Hormonblockern nicht zuwarten sollte, da die natürliche Pubertät irreversibel ist. Es gilt dann abzuwägen, ob es sinnvoll ist, die Pubertät hinauszuzögern, bis die Betroffenen sich komplett sicher sind, welchen Weg sie gehen möchten. Seit dem Klassifikationswechsel durch ICD 11 und der «Entpsychiatrisierung» der Transgenderdiagnostik wird die Durchführung der Hormonblockaden in der Pädiatrie in Zukunft vereinfacht. Dank Langzeitstudien weiss man heute, dass nur ein ganz kleiner Prozentsatz der Menschen, die eine geschlechtsangleichende Operation haben durchführen lassen, Reue empfinden. Diese Thematik wirft sehr viele Fragen auf und kann somit bei den Betroffenen und ihrem Umfeld zu grossen Unsicherheiten führen. Das Transgender Network Switzerland (tgns) betreibt mehrere Fachstellen in der Schweiz, die persönliche Beratungen für trans Menschen und ihre Angehörigen anbieten. ■
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx