KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2022

04 / 2022 JAHRESTAGUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 29 Die sexuelle Entwicklung ist ein oft vernachlässigtes Thema im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen in der kinderärztlichen Praxis und verdient ihren festen Platz in den Gesprächen mit den Eltern, Kindern und Jugendlichen. Typische Entwicklungsschritte sind: 0–6 Jahre: Autoerotische Stimulation (reiben an Gegenständen, rhythmische Bewegungen) 3–6 Jahre: Interesse am Geschlecht (Anatomie, Doktorspiele) 7–9 Jahre: Scham und Abgrenzung 10–12 Jahre: Erotisches Interesse, Selbstbefriedigung 13–16 Jahre: zielgerichtete sexuelle Handlungen Als Pubertät bezeichnet man die biologische Entwicklung hin zur sexuellen Reife. Beginnt die Thelarche vor dem 8. Lebensjahr, spricht man von Pubertas präcox, wohingegen bei der Pubertas tarda die Thelarche bis zum 14. Lebensjahr nicht eingesetzt hat oder keine Menarche mit dem 16. Lebensjahr vorliegt. Durchschnittlich setzt die Thelarche mit 10 Jahren ein, die Menarche mit 13 Jahren, dazwischen liegen in der Regel folglich 2,5–3 Jahre. Das Alter der Jugendlichen beim ersten Sex liegt bei: 12 J. (5%), 14 J. (18%), 16 J. (44%), 18 J. (77%), wobei 80% ein Kondom zur Verhütung benutREFERENTIN: DR. MED. RENATE HÜRLIMANN Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Leitende Ärztin Kinder- und Jugendgynäkologie Universitäts-Kinderspital Zürich, Praxispädiaterin in Dübendorf MODERATION: DR. MED. CÉCILE PFÄFFLI Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxispädiaterin in Oberengstringen AUTORIN: DR. MED. SANDRA TOMASCHETT Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, kinderarztpraxis am kronenplatz, Binningen Korrespondenzadresse: sandra.tomaschett@hin.ch Workshop Ärztinnen und Ärzte 6: Gynäkologie Sexuelle Gesundheit und Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen Workshop Ärztinnen und Ärzte 7: Infektiologie Chronische Müdigkeit: IMMER MÜDE, immer Long-Covid? In den Medien wird «Long-Covid» bei Kindern und Jugendlichen sehr kontrovers diskutiert. Schwierigkeiten bereiten schon die Definition sowie das Abschätzen der Häufigkeit. In Deutschland (Link s. u.) einigte man sich auf folgende Kriterien (< 18 Jahren): ■ Nachweis einer Sars-Cov-2-Infektion und Vorliegen von zwei oder mehreren nicht vor der akuten Infektion bestehenden, mit «Long-Covid» zu vereinbarenden Symptomen, die später als 4 Wochen nach Infektion persistieren und/oder neu dazukommen und zu einer massgeblichen Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens führen und kein Anhaltspunkt für andere Krankheitsursachen besteht. Nach Erläuterung der Überschneidung mit dem CF («chronic fatigue») Syndrom und der vermuteten pathophysiologischen Mechanismen (autoimmun, insb. wenn mehrere Virusinfekte nacheinander auftreten) schlug Dr. Christian Kahlert eine Diagnostik vor: Anamnese, Status und Labor: Blutbild, ASAT; ALAT; Bili, Kreatinin, LDH, TSH, Ferritin, CRP, CK, ANA, Immungolubline, EBV und Urinstatus. Therapeutisch gibt es einige nichtmedikamentöse TheraREFERENT: DR. MED. CHRISTIAN KAHLERT Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH und Infektiologie FMH, Leitender Arzt/Leiter Fachbereich Infektiologie und Spitalhygiene, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen MODERATION: DR. MED. MORENO MALOSTI Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxispädiater in Rapperswil-Jona AUTORIN: DR. MED. FRANZISKA STAEHELIN BÜRGEL Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxispädiaterin in Lenzburg Korrespondenzadresse: franziska.staehelin@hin.ch pien, z. B. salzhaltige Kost, Flüssigkeitszufuhr, Physio-, Ergotherapie, Geruchstraining, Aktivitäts- und Symptometagebuch, Entspannungstechniken und Aktivierung sowie wenige medikamentöse Möglichkeiten wie z. B. Analgetika und neu «BC 007» (soll pathologische Antikörper neutralisieren). Bezüglich Covid-19 ist festzuhalten, dass eine Impfung das Risiko für «Long-Covid» um 50% reduziert! Am Ende des sehr interessanten und aktuellen Workshops stellte Dr. Moreno Malosti noch eigene, sehr eindrückliche Fälle vor. ■ Links: • 2022 DGKJ, Konsensuspapier, Monatsschrift Kinder- heilkunde: https://doi.org/10.1007/s00112-021-01408-1 • https://longcovidkids.ch • https://www.ciao-corona.ch/ • https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/ 020-027.html zen. Schwangerschaftsabbrüche liegen in der Schweiz im weltweiten Vergleich äusserst tief (CH: 3–6/1000 SS, USA: 54/1000 SS) und sind bis zur 9. SSW medikamentös möglich, darüber hinaus wird eine Curettage erforderlich. Keep in mind: 1. «Die Pille danach» mit der besten Effizienz ist «Ella one», kostet 60.– CHF und ist ab 16 Jahren zugelassen (respektive ab «Urteilsfähigkeit»). 2. Ein Schwangerschaftstest im ersten Morgenurin ist erst ab dem 5. Tag nach ungeschütztem GV aussagekräftig, kostet 2.– CHF und kann über die Zeit verrechnet werden (lohnt sich folglich in der Praxis zu haben). 3. Eine Pubertätsblockade mit Lucrin i.m. bringt einen Benefit bezüglich psychosexueller Entwicklung und Zeitpunkt der Menarche, jedoch keinen Benefit im Hinblick auf die Endlängenprognose (bei Start Lucrin 8–9-jährig). 4. Ein besonderes Augenmerk verdient die Sexualität bei frühpubertären Jugendlichen, bei Migrationshintergrund, bei Jugendlichen mit AD(H)S/Angststörungen sowie dysfunktionalen Familien 5. Bei Nierenagenesie/dysplastischer Niere stets an einen Uterus duplex denken -> OHVIRA Syndrom ■

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