04 / 2022 BERUFSPOL I T I K K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 13 den. Mit 170 gegen 7 Stimmen ist der Nationalrat der Meinung, die Ärzteschaft müsse für das Abseitsstehen von santésuisse und H+ bestraft werden. Wahlpropaganda statt zielführende Politik Die Wahlen im nächsten Jahr vor Augen, politisiert das Parlament nicht zuletzt für die Tribüne beziehungsweise das Wahlvolk. Zwei untaugliche Initiativen (Kostenbremse der Mitte und Prämienentlastung der SP) entfachen epische Debatten, Gegenvorschläge und Medienrummel. Der Mittepräsident lastet die Kostensteigerung im Gesundheitswesen den Lobbyisten der Pharmaindustrie und der Ärzteschaft an und ist sich für diffamierende Bemerkungen in Richtung Ärzteschaft nicht zu schade. Santésuisse behauptet ohne Scham, der Arzttarif sei schuld an der Kostensteigerung, obwohl die Preise seit 20 Jahren nicht angestiegen sind, unsere Löhne sogar gesunken. In welcher anderen Branche lässt sich das beobachten? Symposium mfe Das 4. Symposium mfe hat zu lebhaften Diskussionen geführt. P.A. Schnegg, Regierungsrat und Gesundheitsdirektor des Kantons Bern, referierte über die Sichtweise der Kantone und hielt klar fest, dass die Kinder- und Hausarztpraxen der Grundpfeiler der medizinischen Versorgung darstellen und aus qualitativen und ökonomischen Gründen gefördert werden müssen. Der Kanton Bern will mit innovativen interprofessionellen Modellen vorangehen. Der neue Verwaltungsratspräsident santésuisse, Nationalrat M. Landolt, hielt fest, dass sich alle Partner im Gesundheitswesen wieder auf gemeinsame Ziele im Interesse der Bevölkerung einigen müssten, und versprach vermehrte Kooperation. Die Kosten seien ein wichtiges, aber nicht das einzige Thema, über das diskutiert werden müsse. Alle waren sich einig, dass Haus- und Kinderärztinnen von administrativen Arbeiten entlastet werden müssen, dass neue Arbeitsmodelle vor allem auch für die Aufrechterhaltung der Notfalldienste nötig seien und unsere Löhne nicht gekürzt werden dürfen. Schlussfolgerung Ohne (berufs-)politisches Engagement geht nichts. Und das beginnt bei jedem und jeder Einzelnen von uns: Information des Umfeldes, Mitgliedschaft in den Berufsverbänden, Unterstützung der aktiven Berufskolleginnen und -kollegen. Eigenes Engagement in Betracht ziehen. Für zwei Pädiater/-innen im Vorstand mfe wird in absehbarer Zeit Ersatz gefunden werden müssen. Und: Wer ins Schussfeld von tarifsuisse gerät, soll keine voreiligen Schritte unternehmen und sich zuerst Rat bei den Berufsverbänden holen. ■ Polit-Arbeit zurückgestuft Die KIS-Jahrestagung markiert jeweils das Ende der Sommerzeit, das Ende der kongress- und fortbildungsfreien Periode, das Verschwinden der Zeitungsenten und die Wiederaufnahme der politischen Debatten. Als immer noch aktive KIS-Mitglieder freuten wir uns mit KIS über die vielseitige und sehr gut besuchte Jahrestagung. Als mfe-Mitglieder und im Vorstand Mitverantwortliche bedauern wir sehr, dass mfe ähnliche Erfolgsgefühle verwehrt bleiben. mfe darf keine Kongresse organisieren, um den Fachgesellschaften nicht in die Quere zu kommen. Einerseits beraubt dies mfe beträchtlicher Finanzquellen, andererseits bleibt diesem Verband nur gerade die trockene Seite der Verbandsarbeit: die politische Knochenarbeit. Und wir sind konsterniert darüber, dass die Mitgliederversammlung KIS Standespolitik als nicht prioritär erachtet. Kostendeckelung im Blindflug An der KIS-Jahrestagung 2021 staunten viele ab dem Weckruf der FMH-Präsidentin Yvonne Gilli, welche die Gefahren von bevorstehenden politischen Entscheiden, insbesondere einem drohenden Globalbudget, dramatisch beschrieb. Unterdessen haben die politischen Verbände FMH und mfe viel Energie und Zeit in Informationsarbeit investiert, in die Information von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, von denen viele erschreckend wenig vom Schweizer Gesundheitswesen verstehen und trotzdem wichtige Entscheide treffen, in den Austausch mit der Verwaltung und mit den Medien. Gewisse Erfolge sind zu verzeichnen. Nach wie vor ist der Bundesrat bestrebt, Kostensparmassnahmen durchzusetzen, welche sich in anderen Ländern längst als untauglich bis desaströs erwiesen haben. Hartnäckige politische Arbeit führt zu Resultaten. mfe hat sich erfolgreich gegen die parlamentarische Motion Brand gewehrt, welche den Bundesrat beauftragen wollte, einen neuen Diagnosecode in der ambulanten Medizin durchzusetzen. Trotzdem wird der Diagnosecode angepasst werden müssen, aber nach unseren eigenen Vorstellungen. Das von mfe scharf zurückgewiesene Obligatorium einer Erstberatungsstelle ist vom Tisch. Vom Parlament abgelehnt wurde auch die Kostenkontrolle durch die Tarifpartner zusammen mit direkten Eingriffsmöglichkeiten des Bundesrates. Andererseits hat der Nationalrat einem Postulat zugestimmt, welches degressive Tarife vorsieht: Die Abgeltung von Leistungen soll so lange kontinuierlich abgesenkt werden, bis sich die Tarifpartner auf einen neuen Tarif geeinigt haben. Bei Unterversorgung kann von Tarifsenkungen abgesehen werDR. MED. ROLF TEMPERLI VORSTANDSMITGLIED MFE, EHRENMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: temperli-rossini@bluewin.ch DR. MED. HEIDI ZINGGELER FUHRER VIZE-PRÄSIDENTIN MFE, ZUSTÄNDIGKEIT PÄDIATRIE, CHUR Korrespondenzadresse: h.zinggeler@mez-chur.ch
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