KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2022

32 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 02 / 2022 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ «In Basel bereitet man sich bereits auf die Tigermücken-Saison vor», so warnen die Medien (Zitat «20 Minuten» vom 18.2.2022). Von den Kinderärzten im Raum Basel und auch sonst in der Schweiz wird aber konkret keine Alarmbereitschaft erwartet. Bisher sind in der Schweiz keine Fälle einer Krankheitsübertragung durch eine Tigermücke bekannt. Importierte Fälle sind aber nachgewiesen. Und es ist theoretisch denkbar, dass es in der Schweiz Übertragungen gegeben hat, die nie diagnostiziert wurden. Drei verschiedene gebietsfremde invasive Mückenarten sind derzeit hierzulande nachgewiesen: die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus) und die Koreanische Buschmücke (Aedes koreicus). Die grösste medizinische Bedeutung hat die Asiatische Tigermücke. Da sie tagaktiv ist, kann sie extrem lästig sein und vermag die Lebensqualität bei Aufenthalten im Freien an warmen Nachmittagen extrem zu beeinflussen. Die Asiatische Tigermücke kann Krankheitserreger wie Dengue-, Chikungunya oder Zika-Viren übertragen. In Italien sind lokale Ausbrüche mit dem Chikungunyavirus bekannt. Von Infektionen mit Zikaviren gibt es in Europa bisher nur sehr wenige Fälle. Wenn Menschen das erste Mal von einer Tigermücke gestochen werden, kann die Reaktion stärker auftreten. Dieses Phänomen ist auch von anderen Mücken bekannt. Auf dem Areal der Busstation beim Hauptbahnhof Zürich wurden Fallen aufgestellt und es konnten Tigermücken nachgewiesen werden. Diese werden hauptsächlich vom Süden in den Norden, vor allem aus dem Mittelmeerraum durch Fahrzeuge, z. B. Busse, eingeschleppt. Ziel ist es, die Tigermückenpopulation nicht zu gross werden zu lassen. Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung sind: Brutstätten vermeiden, also Wasserstellen abdecken, Wasserbehälter auf dem Balkon oder im Garten einmal pro Woche leeren, Giesskannen und Eimer umgedreht lagern, Regenrinnen von Laub befreien, Regenfässer mit Mückennetzen verschliessen. Wichtig ist für Kinderärzte, das Wissen über diese Erkrankungen im Hinterkopf zu haben, so wie wir auch bei Reiserückkehrern aus Tansania zum Beispiel an Dengue oder Malaria denken müssen. Typische Symptome sind langandauerndes Fieber und Kopfschmerzen. Eine routinemässige Abklärung gegen Arboviren ist bei Kindern hierzulange aber nicht indiziert. Den Eltern können wir raten, ihre Kinder mit Kleidung und Repellents gegen Mückenstiche zu schützen. Falls Sie eine Tigermücke entdecken, freuen wir uns über die Einsendung eines Fotos der Mücke und der Fundstelle: Mit einer Grösse von 0,5–1cm ist sie kleiner als die meisten einheimischen Stechmücken und lässt sich an den folgenden Merkmalen erkennen: 1. Alle Beine weisen weisse Schuppen auf, die als Ringe wahrgenommen werden. 2. Das letzte Segment der Hinterbeine ist weiss gefärbt. 3. Eine weisse Linie verläuft von den Augen bis zum Rücken. 4. Die Enden der Taster sind weiss gefärbt. Die Tagaktivität der Tigermücken ist ein wegweisender Hinweis. Eine Unterscheidung eines gewöhnlichen Mückenstichs zu einem Tigermückenstich ist leider nicht möglich – auch sagt man nicht Tigermückenbiss, sondern *Tigermückenstich – aber das hätte ja den Reim im Titel ruiniert. ■ DR. MED. IRMELA HEINRICHS LEITERIN REDAKTIONSKOMMISSION, USTER Korrespondenzadresse: iheinrichs@hin.ch Auszüge aus einem Interview zwischen Irmela Heinrichs und PD Dr. sc nat Pie Müller, Medizinischer Entomologe und Leiter der Einheit Vektorbiologie am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut, Allschwil Aktuelles Wissen zu Tigermückenbissen* Tigermücke Zeichnung: Kerstin Walter Tigermücke Zeichnung: Elina, 4 Jahre

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