KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2022

31 02 / 2022 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Klinik Die Inkubation beträgt 3–5 Tage, reicht aber von 1–21 Tage. Die Erkrankung beginnt meist abrupt mit grippalen Symptomen (Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen). Die ulzeroglanduläre und glanduläre Form machen ca. 90% der Fälle aus, und mit dem Fieberbeginn kann an der Eintrittspforte eine kleine Hautläsion mit Ulkusformation entstehen. Nachfolgend kommt es zu einer schmerzhaften progredienten Lymphknotenschwellung im Drainagegebiet der Eintrittspforte. Unbehandelt kann das Ulkus wochenlang persistieren, aber auch rasch abheilen. Gelegentlich wird das Ulkus auch erst retrospektiv aufgrund der Lymphknotenschwellung gefunden. Eine Abszedierung des Lymphknotens ist auch nach Wochen noch möglich. Heilt eine Lymphadenitis und/oder eine Weichteilläsion im Sinne eines Ulkus unter einer antibiotischen Therapie nicht ab, so ist an eine Tularämie zu denken. Die Klinik der weiteren Tularämieformen ist der Tabelle zu entnehmen. ist, erfolgt die Kultur auf Spezialmedien und mit verlängerter Inkubation. Wie schon erwähnt, ist das Labor über die Verdachtsdiagnose zu informieren, um Sicherheitsvorkehrungen zu treffen (Biosafty level 3 erforderlich). Der DNA-Nachweis mittels PCR ist hochsensitiv, spezifisch und schnell und dadurch heute Methode der Wahl. Eine risikoarme und gute Diagnostik ist die Serologie. Diese soll idealerweise mit einem frühen und einem späten Serum mit mindestens zweiwöchigem Intervall erfolgen, um eine Serokonversion oder einen 4-fachen Titeranstieg zu zeigen. Therapie Eine frühzeitige und gezielte antibiotische Therapie kann schwere Krankheitsverläufe und Komplikationen verhindern. Die gängigen für Lymphadenitiden angewendeten Antibiotika der beta-Laktam-Antibiotika-Gruppe wie auch Clindamycin sind nicht wirksam. Eine chirurgische Abszessdrainage kann bei ausgeprägten Abszessen erforderlich sein, die Beschwerden lindern und den Heilungsprozess beschleunigen. Prognose Die Prognose der Tularämie in der Schweiz ist sehr gut und Todesfälle gibt es kaum. Bei einer Therapieverzögerung von über zwei Wochen scheinen Lymphknotenabszesse und langwierigere Krankheitsverläufe häufiger aufzutreten. Seltene Komplikationen der Tularämie sind Sepsis, Otitis media, Mastoiditis, Meningitis und Organabszesse. Prophylaxe Eine Impfung steht nicht zur Verfügung. Ein Schutz vor Zeckenstichen ist zu empfehlen, im Weiteren soll ein direkter Kontakt zu toten oder kranken Tieren vermieden werden oder auf einen Schutz mit Handschuhen, allenfalls auch Atemschutz, geachtet werden. ■ LITERATUR Tularemia in Children and Adolescents. Chiara Imbimbo et al. PIDJ 2020 Jan; Volume 39, Number 12 Fieber und Lymphadenopathie. Constantin Bloch et al. Der Internist 2013; 54:491–497 Tularemia in children, Turkey, September 2009–November 2012. Hasan Tezer et al. Emerg Infect Dis. 2015 Jan; 21 (1): 1–7 Ulkus von wenigen Millimetern bei einem Patienten mit ulzeroglandulärer Tularämie Foto: Franziska Zucol Fröhlich Tularämie-Formen Antibiotikum Dauer Milde Krankheit Ciprofloxacin p.o. 15mg/kg 2x/d (max. 2 x 500mg) 10–14 Tage Schwere Krankheit/ Hospitalisation Ciprofloxacin p.o./i.v. 15mg/kg 2x/d (max. 2 x 500mg) plus Gentamicin i.v. 5 mg/kg 10–14 Tage Klinische Form Häufigkeit Transmission Symptome/ Klinik Differentialdiagnose Ulzeroglandulär 60–80% Meist durch Zeckenstich, seltener durch direkten Tierkontakt (Kratz, Biss) Fieber, gerötetes Hautulkus, schmerzhaft vergrösserte LK Staph./Strept. Hautläsionen, cat scratch disease, Pasteurellosis, Nocardien, Actinomyces, Mykobakterien Glandulär 3–15% Whs. wie ulzeroglanduläre Form Schmerzhafte regionale LKVergrösserung ohne Hautläsion Wie ulzeroglanduläre Form Oculoglandulär 1–2% Blutspritzer von Zecke, kontaminierte Finger Unilaterale Conjunktivitis, vergrösserte präaurikuläre LK Bartonellen, Tuberkulose, Syphilis Oropharyngeal 1–4% Ingestion von kontaminiertem Fleisch oder Wasser Fieber, ulzeröseexsudative Pharyngitis, vergrösserte zervikale LK Strept. Pharyngitis, EBV, Adenovirus Pneumonisch selten Inhalation von infektiösen Staubpartikeln/ Tröpfchen oder hämatogen Febrile septische Erkrankung mit Lungenbeteiligung Typische/atypische Pneumonien, Influenza, Tuberkulose etc. Typhoidal selten Jede Eintrittspforte, bei Kindern meist Ingestion Systemische febrile Erkrankung Salmonellose, Brucellose, Coxiellose, Rickettsiose Diagnostik Bei einem klinischen Verdacht auf eine Tularämie erfolgt die Diagnostik direkt oder indirekt. Der direkte Erregernachweis erfolgt durch Anzucht aus tiefen Ulkusabstrichen oder Biopsiematerial von Abszessdrainagen. Da Francisella tularensis ein anspruchsvolles Bakterium

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx