24 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 02 / 2022 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Physiologie der Hautfarbe Anders als meist vermutet, ist nicht die Anzahl Melanozyten für die Unterschiede in der Hautfarbe verantwortlich, sondern die Grösse der Melanozyten, die Grösse und Lage der Melanosomen sowie die Art des Melanins: In dunkler Haut finden sich grössere Melanosomen, die gleichmässig verteilt sind, sowie hauptsächlich Eumelanin und nicht Phäomelanin wie in heller Haut. Keloide und Acne vulgaris Bei Patienten mit dunkler Haut kommt es gehäuft zu einem Auftreten von hypertrophen Narben und Keloiden, ein Umstand, der sich durch die erhöhte Anzahl von grossen und vielkernigen Fibroblasten erklärt. Das Wissen um die unterschiedlich ausgeprägte Narbenbildung bei unterschiedlichen Hautfarben sollte in Therapieentscheidungen von bspw. Exzisionen oder Aknebehandlungen einbezogen werden. So empfiehlt sich z. B. bei der Acne vulgaris bei Beteiligung des Rücken- oder Brustbereiches niederschwellig eine systemische Retinoidtherapie zu evaluieren, da an diesen Lokalisationen das Keloidrisiko erhöht ist. Ausserdem kann eine Acne vulgaris im Gesichtsbereich zu postinflammatorischen Hyperpigmentierungen führen, ein Problem, welches auch andere entzündliche Dermatosen mit sich bringen. Im Gesicht werden sie aber häufig als besonders störend wahrgenommen. Hier ist einerseits die Aufklärung über die monatelange Persistenz wichtig. Andererseits empfiehlt es sich, auf konsequenten Sonnenschutz zu achten, wobei bei zu Akne neigender Haut die Wahl eines nicht fettenden Produktes wichtig ist. Benzoylperoxid, topische Retinoide und topische Azaleinsäure können problemlos verwendet werden, v. a. die letzteren beiden Stoffgruppen (Retinoide und Azaleinsäure) verbessern sowohl die Ausprägung der Akne als auch die postinflammatorische Hyperpigmentierung. Sollte v. a. das Vorhandensein von lediglich Hyperpigmentierungen zur ärztlichen Konsultation führen, kann der Einsatz von Hydrochinon hilfreich sein (in der Schweiz lediglich als Produkt in Kombination mit Tretinoin und Dexamethason [Pigmanorm] erhältlich). Atopisches Ekzem Menschen mit dunkler Haut neigen häufiger zu trockener Haut. Ursächlich geht man von einem verminderten Ceramidspiegel sowie geringerer Bindekraft der Zellen aus, was zu einem erhöhten transepidermalen Wasserverlust führt. Herkömmliche Emollientien sind nicht selten ungenügend in der rückfettenden Wirkung, insbesondere über die trockenen Wintermonate. Hier hat sich die Verwendung von lipophileren Substanzen wie beispielsweise Unguentum leniens (kann als Magistralrezeptur verschrieben werden; Anwendung 1–2×/Tag am ganzen Körper) bewährt. Ein häufiger Zuweisungsgrund bei dunkelhäutigen Patienten ist die Pityriasis alba mit im Wangenbereich auftretenden rundlichen, diskret kleieförmig schuppenden, unscharf begrenzten Hypopigmentierungen. Die betroffenen Stellen treten durch den Kontrast zur gesunden dunklen Haut deutlicher hervor, als dies bei heller Haut der Fall ist. Bei der Pityriasis alba handelt es sich nicht, wie es der Name vermuten lassen könnte, um eine Pilzerkrankung, sondern um die Minimalform eines Ekzemes. Die Abgrenzung zur Vitiligo ist hier sehr wichtig, bei der im Unterschied scharf begrenzte Depigmentierungen zu finden sind. Therapeutisch empfiehlt sich bei DR. MED. ISABELLE LUCHSINGER FACHÄRZTIN FÜR DERMATOLOGIE UND VENEROLOGIE FMH, OBERÄRZTIN KINDERDERMATOLOGIE, ZENTRUM KINDERHAUT, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: isabelle.luchsinger@kispi.uzh.ch Hautveränderungen auf dunkler Haut lösen im klinischen Alltag nicht selten Verunsicherung aus. Gewisse Dermatosen sind auffälliger auf dunkler Haut, andere haben eine andere Prävalenz oder Präsentation als auf heller Haut. Kenntnisse über die physiologischen Unterschiede und verschiedenen Merkmale helfen in der Diagnosestellung. Auch banale Dermatosen können herausfordernd zu diagnostizieren sein, u. a. weil das Erythem, ein wichtiges Merkmal bei der Interpretation von Hautveränderungen, schwieriger bis nicht zu erkennen ist. Effloreszenzen auf dunkler Haut 6-Jähriger mit Psoriasis vulgaris mit typischen scharf begrenzten, silbrig schuppenden Plaques Patient mit hypopigmentierten diskret schuppenden Plaques an den Wangen typisch für Pityriasis alba
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