KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2022

22 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 02 / 2022 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Was ist aus HNO-ärztlicher Sicht für den Druckausgleich im Flugzeug empfohlen? Grundsätzlich haben Kinder häufiger Probleme mit dem Druckausgleich als Erwachsene. Das hat einerseits mit der Reifung und Entwicklung des DruckausgleichsSystems zu tun, andererseits – das wisst ihr als Kinderärzte am besten – damit, dass bei Kindern bei Reiseantritt häufiger ein (unbemerkter) Tubenmittelohrkatarrh vorliegt. Entscheidend ist bei Zunahme/Abnahme des Umgebungsdruckes (Start/Landung), dass ein Druckausgleich möglichst kontinuierlich stattfinden kann. Dies passiert am besten durch Schlucken (abgesehen davon, dass ein Kleinkind noch nicht in der Lage ist, ein aktives Valsalvamanöver durchzuführen). 1. Daraus folgt für das gesunde Kind: Keine spezifischen Massnahmen, ausser regelmässigem Schlucken (Schoppen geben, Zältli lutschen lassen). 2. Für das (leicht) erkältete Kind und für Kinder, die schon Flug-Probleme hatten oder Probleme mit rezidivierenden Otitiden haben oder für Kinder, die (aktuell, z. B. bei Rhinitis) nicht gut durch die Nase atmen, ist empfohlen: • Beim Check-in (ca. 1h vor dem Flug) NSAR (z. B. Algifor), • Nach dem Boarding (ca. 20 Min. vor dem Takeoff): Kinder-Nasentropfen (Xylometazolin) • Beim Start bis zur Erreichung der Flughöhe und beim Sinkflug: schlucken (trinken, lutschen). 3. Bei einem schwer erkälteten Kind muss der Vorteil eines Fluges gegenüber den Nachteilen abgewogen werden. Falls der Flug verschoben oder abgesagt werden kann, ist das empfohlen. Wenn eine (Rück-) Reise «notwendig» ist, dann können die Massnahmen angewendet werden, wie unter 2. empfohlen. (Das «Schlimmste», was geschehen kann, ist, dass das Kind starke Schmerzen hat und unter Umständen das Trommelfell perforiert, aber wie Ihr als Pädiater wisst, ist die Spontanheilung hoch). Darüber hinaus empfehle ich für den Start (bis zum Erreichen der Flughöhe) und für den Sinkflug bis zur Landung Sanohra fly für Kinder (wenn das Kind die Ohrstöpsel toleriert). Sie sorgen durch ein Ventil für einen langsameren Abfall/Anstieg des Luftdruckes bei Start/Landung. Der Nachteil ist immer, dass man mit Ohrstöpseln das Cerumen in den Gehörgang schiebt. Was sollen die Kinder beim Gondelfahren beachten? Für das Gondelfahren gelten ähnliche Empfehlungen, wobei hier deutlich weniger Probleme auftreten. Im Allgemeinen sind überhaupt keine Massnahmen notwendig. Bei Babys kann der Schoppen oder ein Schnuller zum Einsatz kommen, bei erkälteten oder «Otitis prone»*-Kindern ein Zältli und/oder Sanohra fly. Im Zweifelsfall auf die Gondel verzichten. *Otitis prone (rezidivierende Mittelohrentzündungen: 3 in 6 Monaten oder 4 in 12 Monaten) Welche Präventionsmassnahmen sind notwendig hinsichtlich einer Schwimmbadotitis? Die Ohren der Kinder in Ruhe lassen! Nicht putzen! (Ausser beim Baden oder Duschen aussen mit dem Waschlappen.) Das Ohr weist ganz grundsätzlich einen eleganten Selbstreinigungsmechanismus auf und bei den Kindern funktioniert dieser ganz besonders gut. Das Cerumen schützt (sehr potent!) vor Infekten und wird über die Gehörgangshaut, die nach aussen wächst, regelmässig transportiert und «gereinigt». HNO ÄRZTIN DR. MED. SUSANNE BAUMANN FACHÄRZTIN FÜR OTORHINO-LARYNGOLOGIE, LEHRBEAUFTRAGTE DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT, UNIVERSITÄT ZÜRICH, USTER Korrespondenzadresse: Baumann.susanne@icloud.com Reiseempfehlungen aus HNO-ärztlicher Sicht Durch die Kammer zwischen Ventil und TF und durch das Ventil langsamerer Druckaufbau/-Abbau Quelle: Sanohra fly Überdruck beim Landen – Druck auf das Trommelfell – Dehnung – Schmerz

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