KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2021

24 JAHRESTAGUNG 04 / 2021 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Input Referat MPAs 1 Anorexie/Adipositas: Essstörungen – ernstzunehmende psychosomatische Erkrankungen REFERENTIN: ANGELIKA BERGER, DIP. PSYCHOLOGIN Leitende Psychologin, Universitäts-Kinderspital beider Basel, Basel und Kinder- und Jugendpsychiatrie Baselland, Fach-verantwortliche für Essstörungen, Binningen MODERATION: BRIGITTE LAURI MPA in Liebefeld AUTORIN: MICHELLE RAEMY MPA, Kinder- und Jugendpraxis am Bollwerk, Bern Korrespondenzadresse: kinderarzt.bollwerk@hin.ch Schlanke Vorbilder, Diäten, immer stärkeres Abnehmen, häufigeres Wiegen und ein Knick in der Perzentilenkurve. Dies sind starke Alarmzeichen, welche für eine Essstörung sprechen. 0.5% aller Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einer Anorexie, wobei ca. 1% der gesamten Bevölkerung von einer Anorexie oder Bulimie betroffen ist. Betroffen sind jedoch zu 95% Mädchen und Frauen. Sind die Eltern eines Kindes erkrankt, dann steigt das Risiko, dass es das Kind auch haben wird. Bei Anorexie handelt es sich um ein selbst herbeigeführtes Untergewicht und die stetige Angst zuzunehmen. Im Spiegel sehen sich die Betroffenen nicht so dünn wie sie sind, sie sehen sich selbst zu dick. Ein typisches Zeichen für die Anorexie ist dann auch die hormonelle Veränderung und somit das Ausbleiben der Menstruation. Bei einer Essstörung sprechen Zahlen für eine Komorbiditätsrate von ca. 50%, worunter selbstverletzendes Verhalten, Persönlichkeitsstörungen, affektive Störungen und Angststörungen mögliche Komorbiditäten sein können. (Unter einer Komorbidität versteht man in der Medizin das Auftreten zusätzlicher Erkrankungen im Rahmen einer definierten Grunderkrankung.) Als letztes noch beeindruckende Zahlen: ■ Ein Drittel, welcher in der Pubertät erkrankt ist, gilt als geheilt. ■ Ein Drittel bleibt krank, wobei 10% der Fälle tödlich verlaufen. Grund dafür sind Kreislaufversagen, vor allem in der Altersgruppe der 20- bis 50-Jährigen. ■ Und ein Drittel ist geheilt, erleidet jedoch immer wieder Rückfälle, das Essen ist immer wieder ein wichtiges Thema in ihrem Leben. ■ Input Referat MPAs 2 Antibiotika bei Kindern – Wann? Warum? Oder doch nicht? REFERENT: PD DR. MED. PATRICK MEYER SAUTEUR, PHD Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH und Infektiologie FMH, Oberarzt Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene, Universitäts-Kinderspital Zürich MODERATION: NANETTE VON SIEBENTHAL MPA in Liebefeld AUTORIN: NANETTE VON SIEBENTHAL MPA in der Praxis Kinder- und Jugendmedizin Köniz, Liebefeld Korrespondenzadresse: nanette.roschi@gmx.ch Herr Meyer Sauteur hat uns in seinem Referat anhand von Beispielen viel zur Behandlung mit Antibiotika erklärt. Die richtige Wahl, Dosierung und Zeitdauer der Antibiotika ist entscheidend und wichtig. Noch wichtiger ist jedoch die genaue Indikation anhand einer exakten Diagnose. Die Indikation für den Gebrauch von Makroliden soll zurückhaltend gestellt werden, weil die Resistenzen auch in der Schweiz zunehmen. Vor allem bei der Gabe des Makrolid-Antibiotikums Azithromycin muss man vorsichtig sein. Makroliden haben eine sehr lange Halbwertszeit (3 Tage Anwendung entsprechen ca. 5–7 Tage Therapie) und fördern deshalb die Resistenzentwicklung aufgrund von lang anhaltenden subinhibitorischen Konzentrationen. Sie sollten vor allem bei Pertussis und Mykoplasmen (schwerer Verlauf, <8 Lebensjahre) angewendet werden. Oft werden Antibiotika zu lange verabreicht und eine kürzere Dauer der Einnahme würde ausreichen. Leider werden Antibiotika immer noch zu oft verschrieben, wodurch immer mehr Resistenzen auftreten. Das Ziel muss also sein, so wenige Antibiotika wie möglich, aber so viele wie nötig zu verordnen. Wann ist eine Indikation für Antibiotika gegeben? Otitis, Pneumonie, Harnwegsinfekt, Meningitis, Sepsis sowie Weichteil-, Gelenk- und Knocheninfekte. Bei der Streptokokken-Angina nur noch zurückhaltend im Fall von reduziertem Allgemeinzustand oder Risikofaktoren. Wie lange dauert es bis Antibiotika wirken? Die Wirkung sollte nach 24–48 Stunden eintreten. Welche Gerüchte gegenüber Antibiotika hört man oft in der Praxis? Antibiotika schwächen das Immunsystem, Allergien auf Antibiotika sind häufig, Antibiotika muss man bis zum Ende der Packung einnehmen, Antibiotika gehören in die Hausapotheke. Das stimmt alles nicht! Swisspeddose.ch: Swisspeddose.ch ist die nationale Datenbank zur Dosierung von Arzneimitteln bei Kindern. Ein sehr wichtiger Punkt in der Praxis ist sicher die Aufklärung der Eltern. Dem engagierten Referenten danke ich sehr für sein spannendes Inputreferat. ■ Foto: Irmela Heinrichs

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