17 03 / 2021 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ In der Schweiz bieten Qualitätszirkel (QZ) Gelegenheit für kontinuierliche medizinische Fortbildung und berufliche Entwicklung, die beide für Qualitätsentwicklung (QE) notwendig sind.1 Die Teilnehmenden wählen ihre Themen, didaktische Methoden und Techniken, um gezielt Aspekte der Qualität zu verbessern. Qualitätszirkel schaffen ein Klima des Vertrauens und fördern eine Kultur der freien Rede. Die Diskussion von Alltagsproblemen nutzt das kollektive Fachwissen und setzt einen Prozess des gegenseitigen Lernens in Gang. Die Teilnehmer orientieren sich an Daten verschiedenster Art, wie eigene Erfahrungen, PraxisDaten und evidenzbasierter Literatur, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern und lokale Probleme wie ineffiziente, schädliche oder zeitlich schlecht geplante medizinische Leistungen anzugehen. Sie sind somit ein Bottom-up-System der kontinuierlichen QE. QZ helfen den Teilnehmenden, Evidenz mit der täglichen Praxis zu verbinden, mit Unsicherheit umzugehen und sich in ihrer beruflichen Rolle sicherer zu fühlen. Die Teilnahme kann teambasierte Strategien zur Vermeidung kritischer Ereignisse stärken, psychisches Wohlbefinden am Arbeitsort fördern und Praxen helfen, Fachkräfte zu halten.2, 3 Daten aus verschiedenen Studien zur Bewertung der Auswirkungen von QZs zeigen, dass es für die Gruppen wichtig ist, einige grundlegende Prinzipien zu befolgen, um erfolgreich zu sein:4 Der soziale Aspekt der Gruppe ist wichtig Eine gemeinsame Mahlzeit oder zumindest ein kleiner Snack vor Beginn der Arbeit erleichtert die soziale Interaktion und lässt die Teilnehmenden sich wohler fühlen. Eine freundliche und entspannte Atmosphäre ist wichtig, wenn die Teilnehmenden sensible Informationen teilen sollen. Sie fördert auch die Motivation, weiter mitzumachen. Das Entfernen von Barrieren, wie z. B. Computerbildschirmen, und das Anordnen von Tischen und Stühlen in einem Kreis erleichtert ebenfalls die soziale Interaktion. Grundlegende QE-Kenntnisse und Fähigkeiten sind wichtig Beim Start von QZ-Gruppen ist es wichtig, die Grundprinzipien der QE, wie den Plan-Do-Study-Act-Zyklus (PDSA), einzuführen und zu zeigen, wie sie in der Praxis umgesetzt werden können. Wenn sich Gruppen schon mehrmals getroffen haben, werden sie erfolgreicher sein als neu gebildete oder solche mit wechselnden Mitgliedern. Sie zeigen also eine Lernkurve bei der Durchführung der QZ und verbessern sich nach jedem QE-Zyklus. Die Einigung auf ein Thema ist zentral Die Gruppe muss ein gemeinsames Verständnis für das Problem haben, wenn sie den Prozess der QE beginnen will. Das Thema muss für die tägliche Praxis relevant sein und eine überschaubare Grösse haben. Die Teilnehmenden sollten sich über die Notwendigkeit einer Veränderung einig sein oder zumindest erkennen, dass es ein Problem gibt beim Start des Prozesses. Das Thema wird mit lokaler Expertise und evidenzbasiertem Wissen angegangen Neue Konzepte und Ideen entstehen, wenn die Gruppe ihre eigenen Erfahrungen einschliesslich der Diskussion von Einzelfällen reflektiert (implizites Wissen), Daten aus der Praxis hinzufügt und dann den aktuellen Stand mit evidenzbasierten Informationen vergleicht (explizites Wissen). Bei der Diskussion und Reflexion ihrer eigenen Fälle aktivieren die Teilnehmenden ihr «stilles» oder implizites Wissen, das oft nur unbewusst vorhanden ist und auf ihrer täglichen Arbeit basiert. Es ist sehr wichtig, dass implizites Wissen, das selten irgendwo dokumentiert ist, so explizit wird. Da Wissen von Perspektiven abhängt, kann jedes Mitglied der Gruppe einen Beitrag leisten. Die Teilnehmenden bringen in der Regel eine Reihe unterschiedlicher Ansichten zum Ausdruck. Idealerweise umfasst diese Bandbreite alles, von der Mikroansicht der Versorgung eines einzelnen Patienten bis hin zur breiteren, systemorientierten Perspektive. DR. MED. ADRIAN ROHRBASSER PHD FACHARZT FÜR ALLGEMEINMEDIZIN, MEDBASE WIL, VERTRETER DER QUALITÄTSZIRKEL IN DER QUALITÄTSKOMMISSION DER SGAIM UND LEITER DER INTERESSE GEMEINSCHAFT FORUM FÜR QUALITÄTSZIRKEL Korrespondenzadresse: adrian.rohrbasser@medbase.ch Qualitätszirkel sind Lernumgebungen, Orte der kontinuierlichen beruflichen Fortbildung und Qualitätsentwicklung. Sie bestehen typischerweise aus 6 bis 12 Gesundheitsfachleuten, die sich regelmässig treffen, zur Verbesserung der klinischen Praxis an ihren Arbeitsplätzen. Der Schwerpunkt ist in der Regel eine kritische Bewertung eines Qualitätsaspekts, den die Teilnehmenden selbst als wichtig für sie identifizieren. Die Gruppe bietet einen sozialen Kontext für Reflexion und Verbesserung der Situation. Geschulte Moderierende unterstützen die Qualitätszirkel in diesem Prozess. Qualitätszirkel – mehr als nur Qualitätsverbesserung
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